Es kommt nicht alle Tage vor, dass bei DWDL.jobs die Stelle der Programmdirektorin oder des Programmdirektors einer öffentlich-rechtlichen Anstalt annonciert ist. Für den Hessischen Rundfunk ist es ohnehin das erste Mal in seiner Geschichte, dass diese Position per öffentlicher Ausschreibung vergeben wird. In Frankfurt wirkt seit fast zwei Jahren Florian Hager als Intendant, der so einiges anders macht als seine Vorgänger. Weil seine jetzige Programmdirektorin Gabriele Holzner vorzeitig aufhört (DWDL.de berichtete), braucht er zum 1. September eine Neubesetzung.
Eine Führungskraft "mit Mut, programmlicher Vision und Interesse für Hessen und seine Menschen" wird laut Stellenangebot gesucht. Wie radikal Hager die Suche für öffentlich-rechtliche Verhältnisse angeht, lässt sich der Ausschreibung nicht entnehmen. Der jüngste der ARD-Intendanten möchte keinen der üblichen Verdächtigen auf dem Posten haben, die in aller Regel stets bereitstehen, wenn ein solches Amt zu haben ist. Und er will sich auch nicht darauf beschränken, mögliche Wunschkandidaten gezielt anzusprechen.
"Der HR hat als mittelgroße Anstalt die Chance, notwendige Reformschritte schneller und konsequenter zu gehen", sagt Hager im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. "Den Reifegrad unserer bereits vollzogenen strukturellen Neuaufstellung schätze ich so ein, dass wir es uns jetzt leisten können, eine Führungskraft zu verpflichten, die nicht in erster Linie eine ARD-geprägte Strukturbrille trägt, sondern vor allem inhaltliche Visionen für eine starke öffentlich-rechtliche Medienzukunft mitbringt." Und dann wird Hager noch deutlicher: "Es sollen sich ausdrücklich auch Leute angesprochen fühlen, die das nicht als logischen nächsten Karriereschritt sehen, die sich nicht vom Redakteur zum Abteilungsleiter zum Hauptabteilungsleiter hochgedient haben. Wir sind offen für Leute von außerhalb des öffentlich-rechtlichen Systems. Klassische Rundfunkerfahrung ist keine Top-Priorität."
Es sollen sich ausdrücklich auch Leute angesprochen fühlen, die sich nicht vom Redakteur zum Abteilungsleiter zum Hauptabteilungsleiter hochgedient haben.
HR-Intendant Florian Hager
Innerhalb der ARD amtiert derzeit ein einziger Programmdirektor, der von außerhalb des öffentlich-rechtlichen Systems in die Anstalt kam: Klaus Brinkbäumer beim MDR, dessen letzte vorherige Station – nach der "Spiegel"-Chefredaktion – seine freiberufliche Tätigkeit als Journalist und Berater für "Zeit" und Looping Group war. Ansonsten gilt meist schon ein Sprung zwischen ARD und ZDF als das höchste der Gefühle. Dabei können frische Außenperspektiven angesichts des dringend notwendigen Umbruchs im System sicher nicht schaden. Der Reformer Hager schreckt nicht davor zurück, ab Herbst jemanden an seine Seite zu holen, der oder die noch progressiver denkt als er selbst.
"Wenn unser Auftrag doch lautet, allen Menschen ein Angebot zu machen, dann folgt daraus die zentrale Zukunftsfrage: Wie übersetzen wir unseren Auftrag in konkrete Inhalte jenseits klassischer Sendeplätze, die ja immer mehr an Bedeutung verlieren? Wir brauchen Führungskräfte, die genau das denken können und wollen", so der HR-Intendant. Um Interessierte jenseits der üblichen Verdächtigen anzusprechen, hat er bei LinkedIn selbst in die Tasten gegriffen ("Teilt diesen Post gerne in euren Netzwerken, damit möglichst viele Menschen diese Möglichkeit erreicht") und zur Bewerbung ermuntert. Hager hat bei LinkedIn knapp 8.500 Follower.
Zuletzt hatte es im HR viel Unruhe aufgrund der geplanten Einsparungen und Umstrukturierungen in der Hessen-Unit sowie bei den Hörfunkwellen gegeben. Auch 2024 dürfte in dieser Hinsicht noch ein eher unbequemes Jahr werden. "Der bisherige Umbau im HR lief nicht immer geräuschlos und auch in diesem Jahr wird es sicher noch an mancher Stelle ruckeln", sagt Hager dazu. "Wenn wir es erst einmal geschafft haben, die angestammten Silos aufzulösen und in eine flexible, vernetzte Organisation zu überführen, dann kommen wir auch endlich weg von ständiger Umstrukturierung."