Die Forderungen nach weniger Regulierung - und schon gar keine neue Regulierung - für die Privaten und mehr Regulierung für die Öffentlich-Rechtlichen und die Tech-Konzerne sind dabei nicht neu. Zu den jahrzehntealten Klassikern der Verbandsarbeit zählt dabei natürlich die Forderung nach einer Werbefreiheit bei ARD und ZDF, die Grewenig im Interview aber sogar noch ausweitet.
Denn hatte man bislang nur im Fernsehen auf eine komplette Werbefreiheit der Öffentlich-Rechtlichen gedrungen, so weitet man diese Forderung nun auch aufs Radio aus. Bislang war hier auch von den privaten Anbietern zu hören, dass eine gewisse Menge an Radio-Werbung bei den ARD-Sendern auch dem Gesamtgeschäft der Branche gut tue, daher hatte man lediglich eine Beschränkung auf 60 Minuten Werbung auf einem Sender je Rundfunkanstalt gefordert - so wie es beim NDR schon geregelt ist. Dies sieht man nun nur noch als Startpunkt, perspektivisch wolle man aber auch im Radio eine "klare Systemtrennung" mit Werbung bei den Privaten und reiner Beitragsfinanzierung bei den Öffentlich-Rechtlichen.
"Das würde den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an bestimmten Stellen zugleich davon befreien, das Programm kommerziell ausrichten zu müssen. Es würden Budgets frei, die auch dem privaten Rundfunk zugutekommen könnten. Das wäre eine klare Perspektive auch für die Ansprache der Werbewirtschaft", so Grewenig. Durch Stufenpläne oder ein "Phasing Out" könne man das "gattungsverträglich" gestalten. Grundsätzlich fordert er auch eine Reduzierung der öffentlich-rechtlichen Sender, etwa durch die Festlegung eines "Audiodeckels", um "bestehende Programmdoppelungen zu beheben". Grewenig: "Es gibt eine Vielzahl an Jugendradios, Schlagerwellen, Popwellen. Gerade da, wo es ins Kommerzielle hineingeht, ist die Aufstellung sehr breit, die zu einem Auswuchern des Systems geführt hat."
Überdies fordert er auch eine konsequentere Durchsetzung der Werbefreiheit bei Online-Angeboten, die dort beispielsweise bei manchen Podcasts oder durch den Start von FAST-Channels unterlaufen werde. "Wir brauchen da klare und neue Leitplanken der Politik. Denn wenn einmal erlaubt wird, ein kommerzielles System neben dem Beitragssystem zu etablieren, kriegen Sie die Tür nicht mehr zu. Wenn der Gesetzgeber ein Online-Werbeverbot eingeführt hat, dann muss er auch dafür sorgen, dass es eingehalten wird", mahnt der Chef des Privatsenderverbands.
Abseits der Diskussion über Werbeverbote fordert Grewenig auch weiterhin, dass ARD und ZDF sich inhaltlich in den Bereichen Unterhaltung und Fiction stärker zurückhalten sollte, die in der Primetime dominierten. Die letzte Novelle des Medienstaatsvertrages vom 1. Juli macht dabei die Vorgabe, dass der Auftrag "in seiner gesamten Breite über alle Tageszeiten hinweg wahrnehmbar" sein solle. Auswirkungen habe das aber nicht gehabt: "Wenn Sie mir jemanden zeigen können, der seit Juli im Ersten oder im ZDF in der Primetime im Fernsehen oder in den marktführenden Radioangeboten in der Drivetime eine wesentliche programmliche Veränderung festgestellt hat, würde ich mich freuen. Wir stellen nicht fest, dass wir um 20.15 Uhr jetzt mehr Dokumentationen oder Information hätten". Dabei gehe es nicht um die Diskussion über einzelne Formate, sondern eine pauschale Betrachtung. In der Pflicht sieht er hierbei die Gremien, die die Öffentlich-Rechtlichen kontrollieren.
Weiter ein Thema für die Privaten sind auch die drohenden stärkeren Regulierungen, etwa beim Kinder-Lebensmittel-Gesetz, das in der angedachten Form übers Ziel hinaus schieße, oder bei den Vorschlägen von Kulturstaatsministerin Claudia Roth, nach denen 20 Prozent der Umsätze oder des Programminvests in europäische audiovisuelle Produktionen reinvestiert werden müssten - wobei auch noch diverse Subquoten geplant seien. "Am Ende wären die Unternehmen damit beschäftigt abzuhaken, ob sie alle Quoten erfüllt haben", so Grewenig. "Das verhindert Investitionen in Deutschland, erschwert eine wettbewerbsfähige Ausrichtung der Angebote im Sinne der Zuschauerinnen und Zuschauer und bremst den Markt. Solche Eingriffe in unsere Refinanzierungsfreiheit können wir nicht hinnehmen."