Bertelsmann hat seine Ankündigung wahr gemacht und die gefälschten "Hitler-Tagebücher" an das Bundesarchiv übergeben. Wie das Unternehmen mitteilte, sind 52 Kladden fortan am Standort Koblenz untergebracht. Nach einer archivarischen Bestandsaufnahme sollen sie nun digitalisiert und gemäß Bundesarchivgesetz in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden. Zwei Kladden befinden sich darüber hinaus in Ausstellungen im Bonner Haus der Geschichte, drei Kladden im Polizeimuseum Hamburg und eine bei der Fondation Cartier in Paris.
Seit dem Skandal um die Fälschungen im Jahr 1983 lagen die Tagebücher bislang bei Gruner + Jahr in einem Safe. Man habe sie nie für die Öffentlichkeit freigegeben, um "Missbrauch zu verhindern", hieß es seinerzeit vom "Stern".
Nun also die Kehrtwende. "Mit der Übergabe der gefälschten 'Hitler-Tagebücher' an das Bundesarchiv ist deren fachgerechte Archivierung sichergestellt", sagte Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann. "Sie eröffnet zudem die Möglichkeit für einen transparenten, wissenschaftlichen und unabhängigen Umgang mit den gefälschten Tagebüchern."
Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs: Die gefälschten 'Hitler-Tagebücher' hatten in den 1980er Jahren das gefährliche Potenzial, die brutalen Verbrechen des Nationalsozialismus zu verharmlosen. Es ist gut, dass die Zeugnisse dieses schwierigen Kapitels bundesrepublikanischer Nachkriegsgeschichte nun im Bundesarchiv gesichert und im Kontext der authentischen Quellen als Fälschungen kenntlich gemacht werden können. Für das Bundesarchiv, das an der Aufdeckung der Fälschung beteiligt war, schließt sich damit ein Kreis."
Der NDR hatte zu Jahresbeginn überraschend die kompletten 60 Bände der "Hitler-Tagebücher" lesbar und auch recherchierbar gemacht. Dem Projekt liegen demnach Kopien der Tagebücher zugrunde. Mit Hilfe einer Künstlichen Intelligenz konnte die gefälschte Handschrift Hitlers in ein Transkript übersetzt werden. Damit werde zugleich erstmals in vollem Umfang deutlich, in welcher Absicht die Fälschungen verfasst wurden und wie der "Stern" bereit war, die NS-Geschichte neu zu deuten und zu verharmlosen, erklärte der NDR im Februar.