Es wird ernst in Leipzig: In einem Monat wird der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hier, in der einwohnerreichsten Stadt Sachsens, die Produktion des "ARD-Mittagsmagazins" vom krisengeplagten RBB übernehmen, der sich die Sendung in Zukunft nicht mehr leisten kann. Dass es um mehr geht als um den Wechsel von Zuständigkeiten, zeigt schon alleine die Ausweitung der Sendezeit: Nicht wie bisher eine, sondern fast zwei Stunden Sendezeit wird das weiterhin abwechselnd mit dem ZDF verantwortete "Mittagsmagazin" künftig dauern - im Gegenzug spart sich das ZDF seine "Drehscheibe" und auch das "ARD-Buffet" wird nach einem Übergangsjahr auf einem früheren Sendeplatz zum Ende des kommenden Jahres eingestellt.
Beim MDR sieht man im "Mittagsmagazin" die Chance, die eigene Präsenz im bundesweiten ARD-Hauptprogramm auszubauen und wähnt sich auf Augenhöhe mit WDR und NDR, wo das "Morgenmagazin" und die prestigeträchtige "Tagesschau" entstehen, schließlich werden mit dem "Mima" und "Brisant" ab dem 8. Januar in Leipzig gleich "zwei große, tagesaktuelle Informationsflächen" produziert, erklärt Chefredakteurin Julia Krittian. Dass das "ARD-Mittagsmagazin" in seinem 35. Jubiläumsjahr hierhin zieht, bezeichnet sie zugleich als "schönes Zeichen", schließlich wurde die Sendung 1989 vor dem Hintergrund des Mauerfalls gestartet.
Mit Produktionskosten von weniger als sechs Millionen Euro soll das "ARD-Mittagsmagazin" des MDR in Zukunft sogar günstiger sein als bislang jenes vom RBB. Gelingen soll das Kunststück etwa durch die Nutzung bestehender Ressourcen für die Planung von Themen und Gästen. Dafür hat der MDR eine neue Gemeinsamschaftsredaktion namens "Tagesmagazine und Dialog" eingerichtet, die nicht nur das "Mima" umfasst, sondern unter anderem auch "Brisant" und die Nachmittagsschiene des Dritten Programms. Daneben will der MDR die Zusammenarbeit mit der in Halle ansässigen Kulturkoordination sowie weiteren ARD-Anstalten ausbauen. Im Zuge dessen stellt Chefredakteurin Julian Krittian eine "neue Art der Kooperation" in Aussicht, die vorsieht, gekürzte Dokumentationen aus den Dritten und der Mediathek in das "Mittagsmagazin" zu integrieren. "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir dadurch effizient und synergetisch unterwegs sein werden", sagt sie. Auch ein neues Studio ist in Arbeit. Bis das fertiggestellt ist, wird es wegen der Kurzfristigkeit des Unterfangens jedoch noch dauern. Bis dahin sendet das "Mima" vorerst aus einem virtuellen Set.
Dass nur wenige Kolleginnen und Kollegen vom RBB zum neuen "Mittagsmagazin"-Team wechseln werden, führt die MDR-Chefredakteurin indes darauf zurück, dass wegen der schon existierenden Strukturen in ihrem Haus gar nicht viele Stellen neu ausgeschrieben werden mussten. Mit Moderator Tino Böttcher und seiner für den Sport zuständigen Kollegin, der ehemaligen Bobfahrerin und Olympiasiegerin Mariama Jamanka, werden sich die Zuschauerinnen und Zuschauer jedoch an zwei neue Gesichter gewöhnen müssen.
"ZDF-Mittagsmagazin" setzt auf Kurzdokus
Anders im ZDF, wo das "Mittagsmagazin" weiterhin vorwiegend von Mirjam Meinhardt präsentiert wird. Auch dort stellt man die Vorteile einer längeren Sendung heraus. "Wir können künftig noch ausführlicher in die Bundesländer schauen, mehr Erklären, mehr Themenvielfalt in der Sendung haben. Und wir werden neue, moderne Erzählformen in die Sendung integrieren, die auch online nachgefragt sind", sagt Redaktionsleiter Andreas Wunn. Ein neues Element wird etwa eine 15-minütige Kurzdoku, die das Publikum in verschiedene Lebenswelten führen soll. Zum Auftakt hat der Sender eine Reihe über die Berliner Sonnenallee sowie die Dokuserie "Firefighters" über den Einsatz zweier Hamburger Feuerwachen angekündigt. Daneben sollen die bislang in der "Drehscheibe" angesiedelten "Expeditionen" Teil des ausgeweiteten "Mittagsmagazins" werden.
Das ZDF bleibt mit seiner Sendung jedoch in Berlin - anders als die ARD. Die Sorge, dass das "ARD-Mittagsmagazin" in Zukunft wegen seines Standorts fernab der Hauptstadt provinziell erscheinen könnte, wie ein Journalist bei der Vorstellung des Formats fürchtete, weist MDR-Chefredakteurin Julia Krittian jedoch zurück. "Die meisten Menschen leben nicht in Berlin", sagt sie und verweist darauf, dass die Berichterstattung durch den Berliner Blick oft nicht mehr mit der Lebenswirklichkeit zusammenpasse. Es gehe daher auch darum, große Entscheidung auf den konkreten Alltag der Menschen herunterzubrechen. "Ich finde", sagt Krittian, "das ist überhaupt nicht provinziell, sondern eine Antwort auf Nachrichtenmüdigkeit."