Um die Stimmung ist es beim finanziell chronisch klammen Hessischen Rundfunk insbesondere im Hörfunkbereich schon seit Längerem nicht zum Besten bestellt. In dieser Woche wurden nun weitere Spar-Maßnahmen für das kommende Jahr präsentiert, die insbesondere auch die "Hessen-Unit" als crossmediale zentrale Einheit betreffen. In einem vom DJV initiierten Offenen Brief an Intendant Florian Hager, der aktuell im HR kursiert und schon von über 130 Personen unterschrieben wurde, ist von einem "Raubbau in den Hörfunk-Programmen" die Rede, die Radiowellen würden "geradezu kastriert", wird ein Kollege zitiert. (Update vom Donnerstagnachmittag: Die Zahl der Unterschriften ist inzwischen auf knapp 230 gestiegen)
Bei der Hessen-Unit sollen demnach im kommenden Jahr 1.000 Reporter-Tage weniger beauftragt werden, die Radiowellen bekämen von der Zentralredaktion dann außer in Ausnahmefällen keine Beiträge mehr zu Kultur, Sport, Service- und Kirchen-Themen mehr geliefert, auch bei der Präsenz vor Ort werde gespart. "Die Hessen-Unit ist einst als Tiger gesprungen und wird langsam zum Bettvorleger", lautet die Kritik aus der Belegschaft.
Dass die Kürzungen beim Hörfunk so deutlich ausfallen, liegt offenbar auch daran, dass die Hessen-Unit in den vergangenen Jahren mehr Hörfunk-Content produziert hatte als eigentlich vorgesehen - was man sich nun nicht mehr leisten kann oder will. Generell soll sich die Einheit gemäß der HR-Audiostrategie stärker auf ihre Kernaufgabe "regionale Aktualität" fokussieren, heißt es in einem internen Papier. Zudem werde die Hörfunk-Primetime stärker in den Vordergrund gestellt und weniger Inhalte für andere Zeiten produziert. Und natürlich gilt auch: Bei crossmedialen Redaktionen rücken andere Ausspielwege abseits des klassischen Hörfunks zunehmend stärker in den Fokus - auch wenn der HR wie andere Dritte auch damit noch immer mehr Menschen erreicht als auf anderen Wegen.
Aufzufangen seien die Kürzungen bei der Hessen-Unit an anderer Stelle im Hörfunk aber kaum, fürchtet man in der Belegschaft: "Was die Hessen-Unit als 'Herz' des HR nicht mehr leisten kann, werden andere, finanziell schlechter durchblutete Organe erst recht nicht können", heißt es in dem Offenen Brief, in dem ein "Streichkonzert im Blindflug" konstatiert wird. Dieses werde zu "zunehmenden Leerstellen" im Hörfunkprogramm führen, was wiederum ein Problem für die Legitimation der Öffentlich-Rechtlichen im Allgemeinen darstelle.
Eine Kooperation, die keine ist?
Eine von der ARD jüngst forcierte Möglichkeit der Einsparungen sind verstärkte Kooperationen zwischen den ARD-Anstalten. So werden einzelne Sendungen oder ganze Sendestrecken von einer Anstalt produziert, aber auf den Wellen mehrerer Anstalten ausgespielt. Die HR-Belegschaft sieht sich dabei allerdings einseitig benachteiligt und nicht wertgeschätzt, weil viele Sendungen 1:1 vom SWR übernommen werden - inklusive des dann "falschen" Sendernamens im Titel und entsprechendem On-Air-Design - nicht aber umgekehrt. "Auch bei einer gleichberechtigten Kooperation ließen sich erhebliche Mittel einsparen, ohne dabei Gesicht, Profil und Akzeptanz beim hessischen Publikum zu verlieren", heißt es. So sei es keine Kooperation, sondern eine "Zumutung" und "Geringschätzung" für Mitarbeitende und Publikum gleichermaßen.
Als "Honorar-Trick des Jahrhunderts" wird die Tatsache bezeichnet, dass die - angesichts der Inflation recht moderate - Honorarerhöhung von 2,5 Prozent zum Oktober für Freie dazu führt, dass schlicht weniger beauftragt werde, weil das Gesamt-Budget nicht steigt. "Die von der KEF für ALLE Mitarbeitenden eingepreiste Gehalts- und Honorarsteigerung darf den freien Mitarbeitenden nicht durch Minderbeschäftigung wieder 'geklaut' werden", heißt es im Offenen Brief. Als Sparvorschlag machen sie stattdessen, ein paar "Häuptlinge" in Führungspositionen weniger zu beschäftigen. Schließlich gelte beim HR mancher Flur schon als "Elefantenfriedhof".