Das ZDF und der "Spiegel" berichten am Dienstag, dass der Journalist und Dokumentarfilmer Hubert Seipel der im Lauf seiner Karriere unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis und dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde, für seine Arbeit Hunderttausende Euro aus Russland erhalten haben soll. Das zeigen demnach vertrauliche Dokumente, die im Rahmen der internationalen Recherche "Cyprus Confidential" ausgewertet worden sind, die sich mit fragwürdigen Geschäften des Landes Zypern beschäftigt.
Seipel hatte Wladimir Putin unter anderem 2014 für die ARD-Talkshow "Günther Jauch" interviewt, 2015 veröffentlichte er das Buch "Putin. Innenansichten der Macht.", 2021 folgte "Putins Macht. Warum Europa Russland braucht.", die beide im Verlag Hoffmann und Campe erschienen sind. In den Unterlagen sei dem Bericht zufolge nun ein von Seipel unterschriebener "Sponsorenvertrag" für ein Buchprojekt auf, der mit 600.000 Euro honoriert wurde, aufgetaucht.
In dem Vertrag heißt es demnach: "Der Autor schreibt ein Buch über das politische Umfeld in der Russischen Föderation, das im Jahr 2019 veröffentlicht werden soll. (...) Der Sponsor möchte die Entwicklung des Projekts unterstützen und diese politische und historische Entwicklung durch die Unterstützung des Autors einem breiteren Publikum zugänglich machen." Zudem sollte Seipel "logistische und organisatorische Unterstützung" während seiner Recherche in Russland erhalten.
Dieser "Sponsor" sei demnach die De Vere Worldwide Corporation mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln, die zum Firmengeflecht des russischen Oligarchen Alexej Mordaschow gehören soll, der durch die EU wegen seiner Verbindungen zu Putin 2022 sanktioniert wurde. Mehr noch: Ein handschriftlicher Vermerk auf dem Vertrag soll nahelegen, dass es eine ähnliche Vereinbarung für eine Putin-Biografie schon 2013 gegeben habe.
Seipel räumte gegenüber ZDF und "Spiegel" "Unterstützung" durch Mordaschow ein, betont aber, dass dieser keinen Einfluss auf den Inhalt der Bücher gehabt habe. Tatsächlich ist im Vertrag demnach festgehalten, dass der Autor keinerlei Verpflichtungen hinsichtlich des Inhalts gegenüber dem Sponsor eingehe. Der NDR und der Verlag Hoffmann und Campe, bei dem die beiden Bücher erschienen, erklärten, von den Zahlungen keine Kenntnis zu haben und die Vorgänge nun intern prüfen zu lassen.
Update: Der NDR teilte mit, dass Seipel dem NDR gegenüber die zwei "Sponsoring-Verträge" aus den Jahren 2013 und 2018 für zwei Buchprojekte eingeräumt habe. Den Abschluss der Verträge hatte Seipel dem NDR gegenüber damals nicht offengelegt. Man sehe darin aber einen "erheblichen Interessenskonflikt, der Seipels journalistische Unabhängigkeit in Zweifel zieht". Intendant Joachim Knuth: "Es besteht der Verdacht, dass wir und damit auch unser Publikum vorsätzlich getäuscht worden sind. Dem gehen wir jetzt nach und prüfen rechtliche Schritte. Die Vorgänge um die Beauftragung und Umsetzung der Filme, die Hubert Seipel für den NDR realisiert hat, werden wir gründlich überprüfen. Hierfür konnten wir den ehemaligen Spiegel Chefredakteur Steffen Klusmann gewinnen." Die letzte Zusammenarbeit zwischen dem NDR und Seipel datiert aufs Jahr 2019, aktuell stehen keine Filme Seipels in der ARD-Mediathek.