ProSiebenSat.1 hat seine Geschäftszahlen für das dritte Quartal veröffentlicht und die sind, ähnlich wie schon vor einer Woche bei der RTL Group, ein zweischneidiges Schwert. Angesichts der anhaltenden Konjunkturflaute muss man nun auch in Unterföhring die Prognose für 2023 leicht nach unten korrigieren: Bislang war man von einem Umsatz von 4,10 Milliarden Euro (+/- 150 Millionen Euro) ausgegangen. Nun heißt es, man werde "leicht unterhalb" dieses Zielbereichs landen. Das adjusted EBITDA, also der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, soll am unteren Ende der prognostizierten Bandbreite von 600 Millionen Euro (+/- 50 Millionen Euro) liegen.
Und ein Schlupfloch lässt sich ProSiebenSat.1 noch: Beim Ausblick für das Gesamtjahr geht man nämlich von einem leichten Wachstum im wichtigen vierten Quartal aus. Ob es tatsächlich so kommen wird, dürfte spannend werden. Die RTL Group hatte ihre Prognose in der vergangenen Woche unter anderen auch deshalb angepasst, weil man die Werbemärkte im vierten Quartal schwächer erwartet als bislang prognostiziert.
An der Werbe-Front versucht man sich in Unterföhring derweil weiter in Optimismus: So verweist man darauf, dass sich der Werbemarkt im abgelaufenen dritten Quartal spürbar stabilisiert habe. Der Konzern erwartet, dass das digitale Entertainment-Wachstum die rückläufigen TV-Werbeerlöse im vierten Quartal kompensieren werden. Im dritten Quartal lag der Umsatz des Segments Entertainment bei 598 Millionen Euro und damit 4 Prozent unter dem Vorjahreswert, die Werbeumsätze lagen bei minus 5 Prozent - der Rückgang war hier deutlich geringer als noch in der ersten Jahreshälfte. Das zeigt sich auch beim Blick auf die Neunmonatsbilanz: Hier liegt das Minus im Bereich Entertainment noch immer bei 16 Prozent, 1,72 Milliarden Euro setzte das Unternehmen zwischen Januar und September um. Organisch, also den Verkauf des US-Produktionsgeschäfts herausgerechnet, war es immer noch ein Minus in Höhe von 10 Prozent. Bei den smarten und digitalen Werbeumsätzen weist ProSiebenSat.1 im dritten Quartal ein Umsatzplus von 16 Prozent aus, vor allem Joyn legte deutlich zu, heißt es aus Unterföhring.
Aber nicht nur der Bereich Entertainment befindet sich weiterhin im Minus, auch das Segment Dating & Video macht Probleme. Hier lag der Umsatzrückgang im dritten Quartal bei 17 Prozent, bereinigt um Währungseffekte waren es 12 Prozent. ProSiebenSat.1 spricht von einem "wettbewerbsintensiven Umfeld" in den USA. Zudem wirke sich neben der generellen Konsumzurückhaltung auch das "Gesetz für faire Verbraucherverträge" auf die Entwicklung des Umsatzes in diesem Bereich aus, weil es auch Parship und ElitePartner in Deutschland trifft. Auf Neunmonatssicht ging der Umsatz in der Dating-Sparte um 15 Prozent (organisch: 14 Prozent) zurück.
Flaconi und Verivox stützen das Geschäft
Ziemlich gut entwickelt sich im direkten Vergleich das Segment Commerce & Ventures - und hier vor allem die Unternehmen Flaconi und Verivox. Das starke Wachstum bei diesen beiden Unternehmen führte dazu, dass ProSiebenSat.1 den Umsatz in diesem Bereich um 14 Prozent auf 182 Millionen Euro steigern konnte. Organisch lag das Plus sogar bei 16 Prozent. Auch auf Neunmonatssicht liegt der Bereich aktuell bei einem dicken Umsatzplus in Höhe von 11 Prozent.
Insgesamt verzeichnete ProSiebenSat.1 im dritten Quartal einen Umsatz in Höhe von 888 Millionen Euro - und lag damit 3 Prozent unter Vorjahr. Bereinigt um Portfolio- und Währungseffekte musste der Konzern ein Gesamtminus von 11 Millionen Euro hinnehmen. Das adjusted EBITDA des Konzerns stieg im dritten Quartal auf 110 Millionen Euro, ein Plus von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es war das erste Wachstum seit 2021. Die gute Entwicklung hier ist vor allem auf die Kosteneinsparungen und die positive Entwicklung in einigen der genannten Bereichen zurückzuführen. Das angekündigte Kostenprogramm hat ProSiebenSat.1 Ende Oktober abgeschlossen.
Für den Zeitraum zwischen Januar und September weist ProSiebenSat.1 einen Gesamtumsatz in Höhe von 2,57 Milliarden Euro aus, das entspricht einem Rückgang von 11 Prozent (organisch: -7 Prozent). Das adjusted EBITDA ging im gleichen Zeitraum auf 243 Millionen Euro zurück, ein Jahr zuvor waren es noch 376 Millionen. Hier wirkt sich der Rückgang des hoch profitablen Werbegeschäfts deutlich aus, hinzu kamen negative Effekte aus der Vollkonsolidierung von Joyn.
Habets: "Sehen einen positiven Trend"
Bert Habets, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media SE: "Die Herausforderungen im Markt haben wir zum Anlass genommen, unsere Gruppe personell und organisatorisch neu auszurichten. Damit stellen wir die Weichen, um unsere digitalen Geschäftsbereiche stärker auszubauen. Zugleich haben wir unser Kosteneffizienzprogramm, das wir zu Jahresbeginn angestoßen haben, nun erfolgreich umgesetzt. Dies gilt vor allem für den Bereich Entertainment, aber auch im Segment Dating & Video haben wir auf den Umsatzrückgang reagiert. Wir sind zuversichtlich und sehen im dritten Quartal einen positiven Trend: Joyn verzeichnete mit einem Plus von 58 Prozent in den AVoD-Werbeumsätzen erneut ein sehr gutes Quartal, der Audio-Bereich und der programmatische Werbezeitenvertrieb steigern ihre Umsätze ebenfalls dynamisch. Das Commerce-Geschäft rund um unsere Mehrheitsbeteiligungen und vor allem Verivox und flaconi zieht stark an. Die Einspareffekte aus unserem Effizienzprogramm werden wir im vierten Quartal bzw. ab dem Jahr 2024 vollumfänglich realisieren."
Und Martin Mildner, Finanzvorstand der ProSiebenSat.1 Media SE, ergänzt: "Nach der schwierigen ersten Jahreshälfte ist es uns trotz des weiterhin herausfordernden Marktumfelds gelungen, unseren Umsatz im dritten Quartal im Vergleich zu den Vorquartalen nahezu stabil zu halten. Wir sehen die ersten Zeichen, dass sich der klare Fokus auf unsere strategisch wichtigen Geschäftsfelder auszahlt. Gleichzeitig handeln wir äußerst kostenbewusst - unser adjusted EBITDA liegt daher in diesem Quartal trotz der Werbemarktschwäche zum ersten Mal seit 2021 wieder über Vorjahr. Diesen Trend wollen wir fortsetzen und rechnen aktuell im entscheidenden vierten Quartal mit einem leichten Umsatz- und Ergebnisanstieg für die Gruppe."