Dass man längst nicht nur mit großen Fiction- oder Unterhaltungssendungen hohe Reichweiten generieren kann, sondern auch mit Doku-Events zum "Talk of the Town" werden kann, hat sich in den vergangenen Monaten und Jahren mehr als einmal gezeigt. Bei der Beantwortung der Frage, ob Dokus auch Blockbuster sein können, mit der das Panel auf den Medientagen München am Mittwoch überschrieben war, war sich das Panel also weitgehend einig. Nur Björn Böhning, Chef der Produzentenallianz, war dabei, um die Euphorie etwas zu bremsen.
"Dokumentationen sind in aller Munde, aber die Budgets dafür sind nicht gewachsen", hielt er fest - und generell lägen die Budgets schon immer deutlich niedriger als etwa für fiktionale Produktionen. Dass die Budgets trotz der allgemeinen Preissteigerungen nicht zunähmen, sei daher hier ein besonders großes Problem. Vor allem würden die Phasen der Recherche und der Vorabeiten, die bei vielen Dokus besonders viel Zeit in Anspruch nähmen, meist gar nicht vergütet - dies sei der "prekärste Bereich", so Böhning.
Die Antwort der ARD auf das Problem lautet mehr Klasse statt Masse - das hat Programmdirektorin Christine Strobl schon Anfang des Jahres in einem DWDL-Interview angekündigt und in München nun nochmal bekräftigt. Um mit internationalen Produktionen mithalten zu können, müsse man die Budgets aufstocken, das werde aber auch dazu führen, dass es mengenmäßig weniger Dokus gibt. BR-Informationsdirektor Thomas Hinrichs stimmte mit ein "Wir müssen weniger kleinteilig unterwegs sein, um große Geschichten machen zu können." Das müsse sich dann aber auch in Bezug auf Production Value und Storytelling sichtbar werden.
Doku-"Blockbuster" will die ARD dazu nutzen, um auch neue und vor allem jüngere Nutzerinnen und Nutzer in die eigene Mediathek zu locken - wo sie dann idealerweise auf weitere Inhalte stoßen sollen. Es könne jedenfalls nicht sein, dass heute viele Dokus bei YouTube konsumiert würden, obwohl es sich eigentlich um ARD-Inhalte handelt, die dort eingestellt worden seien.
Christoph Schneider, der Prime Video Germany leitet und mit Amazon ja einen besonders potenten Konzern im Rücken hat, wollte ins Rennen um immer größere Budgets hingegen nicht einsteigen. "Die Gleichung ist nicht: Hohes Budget = Großartige Doku". Es gebe auch einen Unterschied in der Qualität, die das Publikum wahrnehme und Qualität in der Augen der Macherinnen und Macher. Da müsse man sich schon fragen, ob eine besonders teuer zu produzierende Szene wirklich einen Unterschied im Endprodukt mache. "Es gibt ein Riesenpotential für kleinere Dokus, wenn man sie intelligent macht", so Schneider.
Björn Böhning von der Produzentenallianz sprach angesichts endlicher Budgets der Sender und Plattformen unterdessen noch einen weiteren Punkt an: Um Deutschland als attraktiven Produktionsstandort für Dokumentationen zu erhalten, sei es wichtig, das Fördersystem zu reformieren und zumindest wieder auf ein mit anderen europäischen Ländern vergleichbares Niveau zu bringen. Vorschläge wie eine Investitionsverpflichtung und Rechteteilung sieht er da als richtigen Weg. Vorschläge allerdings, die die Sender und Plattformen rundherum ablehnen.