Katja Hofem kennt inzwischen beide Seiten: Viele Jahre lang arbeitete sie bei klassischen TV-Konzernen, sie war Chefin von DMAX, Sixx und Kabel Eins. Später führte sie Joyn in den ersten Jahren, inzwischen ist Hofem Content-Chefin für den DACH-Raum bei Netflix. Sie wünsche sie möglichst viele Player am Markt, "denn das befördert Kreativität", sagt Hofem nun in einem Interview mit der gedruckten "turi2 edition". Doch die Netflix-Chefin erwartet in den kommenden Jahren offenbar tiefgreifende Veränderungen: "Die Fernsehlandschaft steht an einem Kipppunkt, vielleicht sind einige Sender auch schon drüber. Wir werden ganz bestimmt die ein oder andere Konsolidierung erleben."

Welche Sender sie meint, die ihren Zenit bereits überschritten haben, sagt Hofem in dem Interview nicht. Man befinde sie aktuell in einem sehr dynamischen Markt, so die Netflix-Chefin, die dennoch nicht an ein Abklingen des Streaming-Trends glaubt. "Ein Ende der Streaming-Ära ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Streaming ist die Zukunft", sagt sie. Hofem gibt in dem Interview auch einen kleinen, aber seltenen Einblick in das Geschäft von Netflix im deutschsprachigen Raum. So verrät sie, dass 19 Menschen im Content-Bereich für Netflix in DACH arbeiten. Unterteilt sei dieser Bereich in Serien, Filme, Non Fiction und Lizenz. 

Die Lizenz-Abteilung hat unter anderem dafür gesorgt, dass ARD-Serien wie "Weissensee" und "Charité" inzwischen bei Netflix zu sehen sind. Das seien Serien, "die sich eher an das klassische ARD- oder ZDF-Publikum wenden", sagt Hofem. Bei Eigenproduktionen konzentriere man sich aber auf das junge Publikum. Schon beim Launch von Sat.1 Gold sei das bei ProSiebenSat.1 eine große Diskussion gewesen, so Hofem. "Da hieß es, wir bräuchten mehr für die Best Ager, mehr Apotheken-Umschau-Formate." Das sieht die heutige Netflix-Chefin ganz anders. "Der Zuschauer will viel lieber das sehen, was die Jüngeren sehen. Er identifiziert sich lieber mit Jüngeren, ganz einfach, weil er sich dann selbst jünger fühlt und so auch nochmal andere Perspektiven einnehmen kann."

In dem Interview mit der "turi2 edition" erzählt Hofem auch, dass sie eigentlich wahlweise Tierärztin oder Auslandskorrespondentin beim "Spiegel" werden wollte. Den entscheidenden Schubs in Richtung Fernsehen brachte dann schließlich "Wetten, dass..?". 1989 war sie dort als Wettkandidatin zu sehen, mit neun anderen Freundinnen wettete Hofem, zu zehnt in einen Passbildautomaten zu passen, sodass alle auf dem Foto zu sehen sind. Hofem gewann die Wette und war angefixt von der Arbeit hinter den Kulissen der Show. "So möchte ich auch einmal werden. Das will ich machen", habe sie sich damals gedacht, als sie gesehen habe, wie die Aufnahmeleiterin arbeitete.