Etwas mehr als die Hälfte derjenigen, bei denen das Kabelfernsehen über die Mietnebenkosten abgerechnet wird, will auch in fünf Jahren noch einen Kabel-Anschluss zum Empfang ihrer Fernsehprogramme nutzen. Der Rest ist entweder unentschlossen oder will dem Kabelfernsehen den Rücken kehren, wie eine repräsentative Umfrage ergeben hat. In Auftrag gegeben wurde sie von Vodafone - doch ob das Ergebnis im Sinne des Düsseldorfer Telekommunikationsriesen ist, steht auf einem anderen Blatt.
Tatsächlich läuft Vodafone Gefahr, im kommenden Jahr Millionen Kundinnen und Kunden zu verlieren, die bislang ihr TV-Signal über einen Kabelanschluss von Vodafone beziehen. Weil zum 1. Juli 2024 das sogenannte "Nebenkostenprivileg" fällt, können 12,5 Millionen von insgesamt knapp 17 Millionen Kabel-Haushalten in Deutschland spätestens dann erstmals frei darüber entscheiden, über welchen Weg sie ihr TV-Signal künftig eigentlich empfangen möchten - oder ob sie gleich ganz darauf verzichten (DWDL.de berichtete). Besagtes "Nebenkostenprivileg" ist die gesetzliche Regelung, die es Vermieterinnen und Vermietern seit vier Jahrzehnten erlaubte, den Kabelanschluss monatlich über die Nebenkosten abzurechnen. Die Frage, wie man sein TV-Signal empfangen will, stellte sich also für viele Millionen Haushalte in Deutschland bisher gar nicht, weil das Signal einfach ungefragt aus der Dose kam - zumindest, wenn man keine über die Basis-Versorgung hinausgehenden Dienste haben wollte.
Um genau diese Kundinnen und Kunden muss Vodafone nun kämpfen. Am Freitag hat das Unternehmen daher seinen Plan vorgestellt, wie es gelingen soll, möglichst viele Kabel-Haushalte auch nach dem "Independence Day" bei der Stange zu halten. Dafür setzt Vodafone auf einen Basis-Fernsehtarif, der auf den Namen "TV Connect Start" hört. Das Versprechen: Wer sich dafür entscheidet, kann wie bisher sein TV-Programm mit allen gewohnten Sendern empfangen - insgesamt 97 Kanäle, darunter 28 in HD-Qualität. Hinzu kommen mehr als 80 Radiosender.
Zwischen acht und zehn Euro
Wie tief die Kundinnen und Kunden künftig in die Tasche greifen müssen, ist weiterhin unterschiedlich - und dürfte wohl zwischen acht und zehn Euro variieren, sofern eine Kooperationsvereinbarung zwischen Vermieter und Vodafone vorliegt, um die sich das Unternehmen derzeit Schritt für Schritt bemüht. Die konkrete Höhe des Preises hängt dann in erster Linie von der Größe der jeweiligen Wohnungswirtschaft ab. Auf einer Website soll es möglich sein, den künftigen Preis für den Kabel-TV-Empfang abzurufen. Das Problem: Noch ist nicht jeder Wohnort in der Datenbank hinterlegt.
"Wir sehen schon heute, dass sich viele Wohnungsbauunternehmen für diese Form der Zusammenarbeit entscheiden", sagt de Groot. Seine Botschaft: "Kabelfernsehen bleibt somit auch zukünftig preislich attraktiv - trotz des gestiegenen Verwaltungsaufwands erhöhen sich die Kosten für Mieter nur leicht." Tatsächlich lag der Preis für die meisten Mieterinnen und Mieter nach Angaben von Vodafone in der Vergangenheit zwischen sieben und neun Euro; der Aufschlag hält sich damit in Grenzen. Wer mehr als nur das klassische Kabelfernsehen möchte, kann indes - aufbauend auf den Basis-Fernsehtarif - wie gehabt das "GigaTV"-Angebot und weitere TV-Optionen dazubuchen. Auf diese Weise gibt's Zugang zu weiteren höchauflösenden Sendern, zeitversetztem Fernsehen oder Streaming-Portalen unter dem Dach von Vodafone. Auch die Möglichkeit, über den Kabelanschluss mit bis zu 1.000 Mbit/s im Internet zu surfen, besteht dadurch.
Dennoch läuft Vodafone Gefahr, dass sich viele der bisherigen Kundinnen und Kunden lieber für ein Produkt der Konkurrenz entscheiden - so hofft etwa die Deutsche Telekom mit ihrem Fernsehangebot MagentaTV auf weiteren Zulauf. Dass das Nebenkostenprivileg ausgerechnet mitten in die Fußball-Europameisterschaft fällt, deren Übertragungsrechte die Telekom hält, dürfte dem Bonner Riesen durchaus entgegenkommen.
Klar ist: Auf Vodafone wartet in den kommenden Monaten reichlich Arbeit - auch, weil viele Mieterinnen und Mieter bislang gar nicht wissen, dass Vodafone ihr Anbieter ist, wie Privatkunden-Chef Marcel de Groot am Freitag bei einem Pressegespräch einräumte. Es gebe einen "hohen Bedarf an Kunden, die noch nicht informiert sind". Die Marketingmaschinerie werde daher rund um Weihnachten anlaufen, kündigte er an. Dass das Bild am 1. Juli schwarz wird, auch wenn bis dahin kein neuer Vertrag geschlossen wurde, gilt hingegen als ausgeschlossen. Ein "hartes Abschalten" werde es nicht geben, versicherte de Groot. Dennoch werde man sich "technisch vorbereiten", um perspektivisch das Signal abschalten zu können. Hierzu sollen "Möglichkeiten erarbeitet" werden. Wie genau diese aussehen sollen, ließ Vodafone jedoch offen.