Es war alles so harmonisch zwischen Verlagen und Öffentlich-Rechtlichen, damals im Juni 2018. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer hatten sich da gerade auf eine Reform des Telemedienauftrags geeinigt. Damals wurde geregelt, was ARD und ZDF im Netz (nicht) dürfen. Neben Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, standen auch der damalige ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm, der damalige ZDF-Intendant Thomas Bellut und der damalige BDZV-Präsident Mathias Döpfner mit auf dem Podium und strahlten um die Wette. "Nach langem Ringen sitzen heute nur Gewinner am Tisch", sagte Malu Dreyer.
Und es ist manchmal ja sehr gut, sich Zitate von damals nochmal vor Augen zu führen. Denn sie zeigen sehr gut, wie hoffnungsvoll die Situation damals war. Die Verleger wollten, dass ARD und ZDF aufhören, im Netz ein "presseähnliches Angebot" zu machen. Oder um es anders zu sagen: Sie wollten nicht, dass die Öffentlich-Rechtlichen ihnen mit zu viel Texten Konkurrenz machen. ARD und ZDF wollten wiederum mehr Freiheiten in ihren Mediatheken, die sie auch bekamen. Man einigte sich, alle waren zufrieden.
Weil aber schon damals allen klar gewesen sein dürfte, dass die schöne neue Welt kein Selbstläufer sein würde, richtete man eine Schlichtungsstelle ein. Vor dieser sollten sich Verlage und Sender treffen, sollte sich jemand benachteiligt sehen, obwohl er doch eigentlich als Gewinner mit am Tisch saß. Die paritätisch besetzte Schlichtungsstelle mit unabhängigem Vorsitz sollte Konflikte auflösen und Handlungsempfehlungen aussprechen.
Nun hatte die Schlichtungsstelle in den vergangenen Jahren viel Arbeit und konnte bestehende Konflikte nur selten zur Zufriedenheit aller Beteiligten lösen. Jüngstes Beispiel ist die SWR-App "Newszone", an der sich die Verlage stießen. Hier ist die Schlichtung völlig ohne Ergebnis verlaufen. Der SWR will die Nachrichtenapp nun wieder online bringen, nachdem man sie zunächst abgeschaltet hatte. Gleichzeitig machte der Sender den Verlagen ein Angebot zur Kooperation - was dort überhaupt nicht gut ankam (DWDL.de berichtete).
Einigung mit ARD und ZDF endgültig gescheitert
Damit scheint nun auch endgültig klar, dass die Einigung aus dem Jahr 2018 gescheitert ist. Fünf Jahre nachdem nur Gewinner am Tisch saßen, werden sich Verlage und Öffentlich-Rechtliche nicht mehr einig. Von den damals Verantwortlichen ist ohnehin niemand mehr in Amt und Würden: Ulrich Wilhelm ist nicht nur kein ARD-Vorsitzender mehr, sondern auch nicht mehr beim BR. Thomas Bellut hat Platz gemacht für Norbert Himmler. Und Mathias Döpfner zog sich von der BDZV-Spitze zurück, nachdem es auch in den verschiedenen Print-Häusern viel Kritik an ihm und seinen Aussagen gab.
Ein weiteres für die Verlage wichtiges Thema, das auf dem BDZV-Kongress besprochen wurde, waren finanzielle Hilfen durch den Staat. Diese Unterstützung fordern die Zeitungshäuser schon lange, gingen bislang aber oft leer aus. Im Bundeshaushalt 2024 sind dafür aktuell jedenfalls keine Mittel vorgesehen. Ein Plan, der Presse-Landschaft mit mehr als 200 Millionen Euro unter die Arme zu greifen, scheiterte vor wenigen Jahren (DWDL.de berichtete).
Kommt eine Presseförderung?
Einige Aussagen von Politikerinnen und Politikern auf dem BDZV-Kongress dürften den Verlagen nun aber ein wenig Hoffnung machen. "Es geht uns darum, Demokratie zu stärken. Wir werden daher in den Haushaltsverhandlungen darauf drängen, dass es zu einer Presseförderung kommt", erklärte etwa SPD-Parteichef Lars Klingbeil. Ricarda Lang, Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, sagte: "Wir wissen, dass wir bei der Zustellförderung auch liefern müssen als Ampel." Und auch CDU-Chef Friedrich Merz war hier der gleichen Meinung und sagte, man müsse die physische Zustellung von Zeitungen "auch in ländlichen Regionen sicherstellen".
Wie auch immer der Streit mit den Öffentlich-Rechtlichen und die Frage der Förderung ausgeht, lässt sich festhalten: Die Zeit, in der man sich beim BDZV vor allem mit sich selbst und seinem umstrittenen Ex-Präsidenten beschäftigt hat, ist vorbei. Der neue Vorstand, bestehend aus Matthias Ditzen-Blanke, Stefan Hilscher und Sigrun Albert, hat es geschafft, dass die Sacharbeit wieder an vorderster Front steht. Und hier warten große Brocken. Und diesmal wäre es vielleicht gut, wenn man die Probleme endgültig löst - nicht dass man fünf Jahre später erneut feststellt, dass das ausgehandelte Ergebnis doch nicht der große Wurf war.