Sie ist in höchster Not eingesprungen und räumt nun den Chefsessel beim RBB: Interimsintendantin Katrin Vernau hat dem "Business Insider" kurz vor dem Ende ihrer Zeit beim RBB (in den kommenden Tagen soll die regulär gewählte Ulrike Demmer ihre Arbeit aufnehmen, sofern ihr Vertrag fertig ist) ein Interview gegeben. In diesem hat sie nochmals betont, dass sie eigentlich gerne weitergemacht hätte. "Ich hätte natürlich auch gern die Früchte meiner Arbeit geerntet und diesen Plan mit dem wirklich sehr kompetenten, tollen Team gemeinsam umgesetzt", sagt die scheidende RBB-Chefin, was aber erneut die Frage aufwirft, wieso sie damals, als eine Findungskommission aktiv war, nicht einfach ganz offiziell und auf regulärem Wege ihren Hut in den Ring warf.
So recht wollte Vernau das auch in diesem Interview nicht beantworten. Sie sagt: "Ich habe schon erwartet, dass eine Findungskommission, wenn sie der Auffassung ist, dass ich zu den richtigen Kandidaten gehöre, mich auch fragt. Das ist nicht geschehen." Der Vergangenheit trauere sie aber nicht nach, so Vernau.
Den RBB, den Demmer nun in den kommenden Tagen übernimmt, sieht Vernau indes aber gut aufgestellt. "Auf jeden Fall ist ein stabiles Fundament für die Arbeit von Frau Demmer gegossen", sagt Vernau. Da das ganze Team den vorliegenden Plan erstellt habe und auch dahinter stehe, sei es auch möglich, "den Plan ohne mich umzusetzen."
Gewandelt habe sich, berichtet Vernau, zuletzt auch die Tonalität im Sender. Es werde wieder über das Programm gesprochen und nicht mehr über die Verfehlungen in der Vergangenheit. Zu ihrer Vorgängerin Patricia Schlesinger, die den RBB in die Krise geführt hatte, sagte Vernau nur knapp: "Als Intendantin hatte sie die Letztverantwortung für alles, was im RBB passiert, aber eben auch für das, was nicht passiert ist."
Auch zur Debatte rund um Chefredakteur David Biesinger äußerte sich Vernau. "Business Insider" hatte zuletzt mehrfach seine Rolle beim letztlich gestoppten Projekt Digitales Medienhaus thematisiert. Während sich der RBB immer vor den Chefredakteur stellte, schrieb das Magazin von "Halbwahrheiten". Vernau äußerte sich nun etwas anders. "Herr Biesinger war Co-Vorsitzender des Lenkungsausschusses des großen Bauprojektes. Und da hat er natürlich auch Verantwortung gerade auch für dieses Projekt übernommen und hat in dieser Verantwortlichkeit an die Geschäftsleitung berichtet", sagte Vernau, die das komplette Projekt auch nochmals als Fehler bezeichnete. Ansonsten sieht Vernau eine unklare Faktenlage bezüglich des Bauprojekts: "Wenn Sie so weitreichende Entscheidungen wie die Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen, dann müssen Sie mindestens mal eine saubere Faktenlage haben."
Vernau wird nach ihrer RBB-Zeit wieder zum WDR zurückkehren. Ob sie Interesse hat, Nachfolgerin des dortigen Intendanten Tom Buhrow zu werden, "diese Frage stelle sich jetzt tatsächlich nicht", wich Vernau aus. In der Tat dürfte es aber nicht mehr zu lange dauern, ehe sich genau diese Frage sehr konkret stellt. Buhrows zweite Amtszeit als WDR-Intendant geht 2025 zu Ende.