"Anne Will", "Maischberger" und "Hart aber fair" heißen die Talkshows, die im Ersten schon seit vielen Jahren zu sehen sind. Das Problem: Eine echte Strategie hinter den Sendungen bzw. ihrer Aufstellung war nicht zu erkennen. Sie richten sich vornehmlich an das gleiche Publikum, außerdem werden immer wieder ähnliche Themen mit den selben Personen verhandelt. Daran hat nun auch die Gremienvorsitzendenkonferenz, in der die Tätigkeit der verschiedenen Aufsichtsgremien koordiniert wird, der ARD Kritik geübt.
Wie die "SZ" öffentlich gemacht hat, hat sich das Kontrollgremium bereits im April intensiv mit der Talkshow-Strategie der ARD beschäftigt - und ist dabei zu einem wenig schmeichelhaften Urteil gekommen. Schon damals habe die GVK den ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke sowie Christine Strobl "mit Blick auf die Ende 2023 auslaufenden Verträge der Polit-Talks im Ersten um zeitnahe Information und beratende Einbeziehung hinsichtlich einer künftigen crossmedialen Gesamtkonzeption" der drei Talkshows gebeten - dabei formulierte das Gremium auch bestimmte Erwartungen.
Talkshows müssen sich in ihrer Machart, ihrem Profil und Inhalt deutlich voneinander unterscheiden, um nicht zuletzt unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Es genügt nicht, sich nur durch unterschiedliche Moderatoren-Persönlichkeiten zu unterscheiden", heißt es in dem internen Papier, aus dem die "SZ" zitiert, unter anderem. Diese recht deutlich formulierte Kritik wirft auch ein anderes Bild auf die Ankündigungen von Strobl von vor wenigen Wochen. Die ARD-Programmdirektorin kündigte im Juni eine "Neujustierung der Talksendungen" an. Generell müsse man "die unterschiedlichen Konzepte der Talks schärfen, auf Meinungsvielfalt achten, eine Themensetzung für alle Bevölkerungsgruppen anbieten, Gesprächsformen und Gästeauswahl voneinander abgrenzen", so Strobl damals.
Es scheint, als würden die ARD-Verantwortlichen die Kritik der GVK ernst nehmen und nun etwas verändern wollen. Und der Zeitpunkt ist günstig: Bei "hart aber fair" gab es mit dem Wechsel von Frank Plasberg zu Louis Klamroth gerade erst einen Wechsel. Und auch wenn unklar ist, welche Produktionsfirma die Sendung ab 2024 produziert, steht fest: Klamroth soll weitermachen. Seine Sendung soll auch künftig im Ersten zu sehen sein, hier will die ARD aber verstärkt neue Dinge und Spielformen in der Mediathek ausprobieren. Klamroth soll sich verschiedenen Themen künftig auch anders als bislang nähern.
Wer trägt künftig die redaktionelle Endverantwortung?
Auch sonntags wird es bekanntlich zu Veränderungen kommen, weil Anne Will ihren gleichnamigen Talk abgibt - stattdessen soll Caren Miosga die Zuschauerinnen und Zuschauer künftig begrüßen. Und bei "Maischberger" hat es zuletzt schon einige Veränderungen gegeben, die Sendung wurde unter anderem thematisch breiter aufgestellt. Künftig soll das Format neben dem angestammten Sendeplatz am Dienstag und Mittwoch teilweise auch montags laufen.
Die Kritik der GVK geht aber noch weiter. Das Gremium will etwa eine Diskussion führen "über die künftige redaktionelle Endverantwortung". Damit will man Themen- und Gäste-Dopplungen vermeiden, aber schon heute stehen die verschiedenen Redaktionen im Austausch miteinander - letztlich sind sie in ihren Entscheidungen aber frei. In Sachen "hart aber fair" und "Maischberger" liegt die Entscheidungsgewalt beim WDR, die Sendung von Anne Will bzw. künftig Caren Miosga verantwortet der NDR bzw. die zuständigen Produktionsfirmen. Unklar ist, ob es hier zu einer stärkeren, gemeinsamen Koordination kommt. Auf Anfrage der "SZ" verweist die ARD lediglich auf die bestehenden Verantwortungsbereiche im WDR und NDR.