Klassische TV-Sender seien "vielleicht nicht das Herzstück von Disney", erklärte Disney-Boss Bob Iger vor einigen Wochen. Das Geschäftsmodell des linearen Fernsehens bezeichnete er zudem als "kaputt" (DWDL.de berichtete). Es sind Worte, die aufhorchen haben lassen. Wenn der Disney-Chef nicht mehr an die Zukunft des Linearen glaubt - wer soll es dann noch tun? Bei der Vorlage der neuesten Geschäftszahlen hat sich nun gezeigt, dass Disney in diesem Segment erneut merklich schwächelt.
So verzeichnete Disney bei den klassischen TV-Sendern einen Umsatzrückgang in Höhe von 7 Prozent, das entsprach aber noch immer 6,69 Milliarden US-Dollar. Gleichzeitig brach der Gewinn der Sender um satte 23 Prozent auf 1,89 Milliarden Dollar ein. Vor allem die internationalen Sender steckten in der Krise und rutschen im abgelaufenen Quartal in die Verlustzone. Auf dem heimischen Markt machte sich unter anderem bemerkbar, dass ABC weniger Geld mit Werbung einnahm.
Spannend ist auch ein Blick auf die Streaming-Zahlen, die Disney veröffentlicht hat. Die geben durchaus Anlass zur Hoffnung, auch wenn der Verlust mit 512 Millionen US-Dollar nach wie vor extrem hoch ist. Andererseits: Vor einem Jahr waren es noch mehr als 1 Milliarde, insofern konnte man das Ergebnis hier schon deutlich verbessern. Der Umsatz im Bereich Direct-to-Customer stieg um 9 Prozent auf 5,53 Milliarden Dollar. Das verbesserte Ergebnis ist vor allem auf geringere Kosten bei Disney+ und ESPN+ zurückzuführen.
Um die Streamingsparte endlich in die schwarzen Zahlen zu bringen, hat Disney bereits vor einiger Zeit etliche Maßnahmen getroffen. Diesen Weg will man nun fortsetzen: Ähnlich wie Netflix hat der Konzern nun angekündigt, das Teilen von Passwörtern zu unterbinden - Details dazu blieb Disney bei der Vorlage seiner Geschäftszahlen aber schuldig. Darüber hinaus hat das Unternehmen angekündigt, die Preise für die werbefreien Disney+-Tarife in den USA zu erhöhen. Das könnte ein Vorbote darauf sein, was den Kundinnen und Kunden in anderen Teilen der Welt demnächst bevorsteht. In den USA kostet das werbefreie Abo ab Oktober 13,99 Dollar monatlich - ein Anstieg um 3 Dollar. Erst im Dezember vergangenen Jahres hatte Disney den Preis von 7,99 auf 10,99 Dollar angehoben.
Damit ist nun wohl endgültig klar, dass die Zeit des grenzenlosen Wachstums vorüber ist. Zu Beginn hatte Disney+ auch deshalb so niedrige Preise, weil man allen voran Netflix Marktanteile abjagen wollte. Nun will man die bestehenden Abos besser kapitalisieren. Dass die Abo-Zahlen nicht mehr einfach so in den Himmel wachsen, zeigt sich auch beim Blick auf die genauen Zahlen. In den USA und Kanada verzeichnete Disney+ im abgelaufenen Quartal sogar ein Minus von 1 Prozent. International stieg die Anzahl der Kundinnen und Kunden um 2 Prozent. Insgesamt konnte die Gesamtzahl der Abos so leicht gesteigert werden. Rechnet man allerdings Disney+ Hotstar hinzu, steht ein dickes Minus. Disney+ Hotstar hat im abgelaufenen Quartal nämlich 24 Prozent seiner Kundinnen und Kunden verloren und kommt nur noch auf knapp 40 Millionen Abos. Grund dafür ist, dass der Dienst in Indien wichtige Sportrechte verloren hat.
Insgesamt erreichte Disney im abgelaufenen Quartal ein Umsatzplus in Höhe von 4 Prozent, der Konzern setzte 22,33 Milliarden Dollar um. Gleichzeitig rutschte man in die Verlustzone, 460 Millionen Euro Verlust stehen in den Büchern - nach 1,41 Milliarden Dollar Gewinn im Vorjahresquartal. Bob Iger sieht Disney dennoch auf einem guten Weg. Er spricht von einer "beispiellosen Transformation", in der der Konzern aktuell stecke. Das ursprünglich angekündigte Sparziel von 5,5 Milliarden Dollar werde man wohl übertreffen, so Iger. "Es gibt noch mehr zu tun, aber ich bin unglaublich zuversichtlich wenn es um die langfristige Entwicklung geht", so der Disney-Chef.
Freude bereitet Disney unterdessen weiterhin das Geschäft mit Freizeitparks und Kreuzfahrten. Hier stieg der Umsatz um 13 Prozent auf 8,33 Milliarden Dollar - getrieben vor allem durch die internationalen Freizeitparks, die noch Corona-Effekte aufholen. Auch der Gewinn legte um 11 Prozent auf nun 2,43 Milliarden Dollar zu. Es ist also nach wie vor ein sehr traditionelles Geschäft, das Disney stützt - nur sind es, anders als in der Vergangenheit, eben nicht mehr die linearen TV-Sender, über die sich Bob Iger zuletzt so abfällig geäußert hat.