Seit einigen Tagen herrscht Unruhe im Bayerischen Rundfunk (BR). Es geht um Befürchtungen, der öffentlich-rechtliche Sender wolle an seinem Kulturangebot Einsparungen vornehmen. In einem Protestbrief, der seit einigen Tagen in der Kulturredaktion im Umlauf ist, heißt es, den Kultursendungen drohe "der Kahlschlag". Hintergrund ist, dass beim BR derzeit Arbeitsgruppen tagen, die sich mit einer "Weiterentwicklung" des Programms beschäftigen, wie es von Seiten des Senders heißt.
Weil im Entwurf die Namen vieler Kultursendungen fehlen, ist die Sorge in der Kulturredaktion entspredhend groß. "Renommierte und erfolgreiche Sendereihen wie 'kulturWelt', 'Diwan', das 'Büchermagazin', 'Kulturjournal - Kritik. Dialog. Essay', 'Nachtstudio', 'Kinokultur' und 'radioTexte - die Lesungen' und das Hörspiel in unabhängiger Eigenproduktion- alles fällt der Reform zum Opfer", heißt es in dem Brief, aus dem verschiedene Medien, darunter jetzt auch die "Süddeutsche Zeitung", zitieren. Die Kultur werde "zum reinen Nischenprodukt".
Inzwischen sah sich Björn Wilhelm, Programmdirektor Kultur beim BR, dazu veranlasst, sich zu Wort zu melden. "Ich habe weder vor, noch ist entschieden, dass auch nur ein Euro in der Kultur gespart wird", erklärte er der dpa. Und gegenüber der "SZ" stellte die Pressetelle des BR klar, es handele sich um ein "Programmstrategieprojekt" und "ausdrücklich kein Sparprojekt". Ganz überraschend kommen die Veränderungspläne indes nicht. Schon als Ellen Ttrapp im vorigen Jahr zur neuen Leiterin des BR-Programmbereichs Kultur ernannt wurde, war von einer "Weiterentwicklung des Programmbereichs zu einem vollständig crossmedial arbeitenden Ressort" die Rede - und von der "Arbeit an neuen, zielgruppengerechten Themen- und Formatideen".
Auch jetzt verweist der Bayerische Rundfunk auf die veränderte Mediennutzung, wonach immer weniger Hörerinnen und Hörer das lineare Radio und Fernsehen einschalten. Daher wolle man junge und neue Zielgruppen durch neue Angebote im Digitalen erreichen. Aus diesem Grund seien auch alle BR-Redaktionen betroffen. Mit Blick auf den Bayern 2 sei es das Ziel, "die besondere DNA unserer Kulturwelle zu stärken und sie zukunftsfähig zu machen", erklärte eine Sprecherin und versicherte, man wolle die Primetime von Bayern 2 gar "mit mehr Kultur stärken".
Kritik kommt indes nicht nur aus dem eigenen Haus, sondern auch von der Schriftstellervereinigung PEN Berlin. Man protestiere "entschieden" gegen die Pläne, heißt es in einer Pressemitteilung. "Die Streichung von Hörspiel- und Radioessayproduktionen sowie von Rezensionen und Interviews beschädigt nicht nur die ohnehin oft prekäre Lebensgrundlage unserer Mitglieder. Das freie Wort gerät noch weiter unter Druck, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr, wie es seine verfassungsmäßige Aufgabe ist, seinem Bildungsauftrag nachkommt."
Der Streit erinnert an ähnliche Vorgänge beim Hessischen und Westdeutschen Rundfunk, die in den vergangenen Jahren ebenfalls Veränderungen bei ihren Kulturprogrammen vorgenommen hatten. Die Veränderungen beim BR, wie auch immer sie am Ende aussehen werden, sollen wohl im zweiten Quartal des kommenden Jahres in Kraft treten.