Noch steht das Vorhaben unter dem Vorbehalt einer Zustimmung der Wettbewerbshüter, die auch alles andere als sicher ist, doch die Absicht allein ist schon bemerkenswert: Die Geschäftsführung von RTLzwei hat sich in Abstimmung mit den Gesellschaftern für eine Veränderung entschieden; nicht ganz freiwillig angesichts des schwierigen makro-ökonomischen Umfelds. Nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de wurde das Bundeskartellamt Ende Juni über die Absicht informiert, dass künftig RTL Deutschland über seine Tochter AdAlliance die Werbevermarktung von RTLzwei übernehmen soll.
Das war zwanzig Jahre lang Aufgabe von El Cartel Media, einst gegründet vom Enfant Terrible unter den RTLzwei-Geschäftsführern, Josef Andorfer. Mit einer neuen Firma wollte er 2003 in einem noch allein von linearen TV-Sendern dominierten Bewegtbildmarkt den Wettkampf zwischen den beiden großen TV-Vermarktern von ProSiebenSat.1 und RTL aufbrechen. Der provokante Name des neu geschaffenen Unternehmens kam schließlich auch nicht von ungefähr. Kürzlich sagte Andorfer im DWDL.de-Interview zum 30. Geburstag des Senders dazu: „Vielleicht habe ich ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen, als ich den neuen Vermarkter El Cartel nannte, ohne die Gesellschafter zu fragen.“
Wie urteilen die Wettbewerbshüter?
Doch jetzt drängt es: Der in diesem Jahr bislang schwache TV-Werbemarkt sorgt bei allen Vermarktern für deutliche Einbrüche und verschärft die knifflige Marktposition von El Cartel Media weiter. Die Hoffnung bei AdAlliance wie auch RTLzwei ruht daher jetzt auf einer zeitgemäßen Definition des Bewegtbild-Werbemarkts durch die Wettbewerbshüter: Im Jahr 2023 sei der Wettbewerb über das lineare TV-Angebot hinaus mit Konkurrenten wie YouTube, Instagram, TikTok aber auch werbefinanzierten Streamingdiensten so groß und vielfältig geworden, dass die Rückkehr der Werbevermarktung von RTLzwei unter das Dach der Ad Alliance keine hinderliche Konzentration darstelle.
Veränderungen in Grünwald
Vor drei Jahren hätte RTL Deutschland übrigens gerne noch den Sender selbst übernommen, was damals dem Vernehmen nach aber an Mitgesellschafter Bauer Media scheiterte. Diesmal geht es nur um die Werbevermarktung, aber auch damit rückt der Sender aus dem Münchener Süden ein bisschen näher an die große Halbschwester in Köln. Das ist bemerkenswert, weil die Gesellschafterstruktur des Senders über Jahre hinweg als Garantie für Beständigkeit und Unabhängigkeit galt: RTL Deutschland, Bauer Media und Leonine (ehemals Tele München) halten jeweils nur rund ein Drittel der Anteile an RTLzwei, was strategische Veränderungen im Alleingang stets unmöglich machte. Deshalb galt: So lange am Jahresende Gewinne abfielen für die Gesellschafter, durfte der Sender unbehelligt schalten und walten.