Die vergangenen Monate waren turbulent bei ProSiebenSat.1. Da passte es gut ins Bild, dass die auf diesen Freitag verschobene digitale Hauptversammlung direkt mit einem Blackout begann - ein Stromausfall sorgte dafür, dass der seit einem Jahr amtierende Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Wiele erst mit einigen Minuten Verspätung seine einleitenden Worte an die Aktionärinnen und Aktionäre richten konnte. Knapp eine Stunde später berichtete dann auch Bert Habets in seiner Funktion als neuer Vorstandsvorsitzender über den aktuellen Stand des Unternehmens, in dem er nach dem überraschenden Abschied von Entertainment-Vorstand Wolfgang Link neuerdings auch gleich noch dessen Aufgaben übernimmt.
Einen hohen Unterhaltungswert dürfte Habets' Job aktuell aber kaum haben. Von "herausfordernden Zeiten" sprach der CEO am Freitag mit Blick auf die Konjunktur, die sich seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine vor mehr als einem Jahr eingetrübt hat. "In so einer Situation sind Unternehmen bei der Buchung ihrer Werbung sehr zurückhaltend. Das hat den gesamten Werbemarkt und damit auch unser gesamtes Geschäftsjahr geprägt", erklärte Habets mit Blick auf den Umsatz-Rückgang um sieben Prozent im vergangenen Geschäftsjahr. "Leider dauern die Belastungen durch das wirtschaftliche Umfeld - und damit auf unser Werbegeschäft - aktuell an."
Auch im zweiten Quartal werde sich die Belastung fortsetzen - "wenngleich bereits etwas weniger ausgeprägt", wie er betonte. Mit Blick auf den weiteren Verlauf des Jahres gab sich Bert Habets aber betont optimistisch. So habe man im Juni bereits "wesentlich Verbesserungen in den Werbebuchungen im Vergleich zu den Vormonaten gesehen", erklärte er. Für die zweite Jahreshälfte rechne ProSiebenSat.1 daher mit einer "spürbaren Erholung" des Werbegeschäfts.
Schlechte Nachrichten hielt Habets vor diesem Hintergrund für die Aktionärinnen und Aktionäre bereit. Mit Zustimmung des Aufsichtsrats habe man beschlossen, eine deutlich reduzierte Dividende in Höhe von fünf Cent je Aktie für das Geschäftsjahr 2022 vorzuschlagen sowie ab diesem Geschäftsjahr die Dividendenpolitik grundsätzlich anzupassen. Künftig wolle man 25 bis 50 Prozent des bereinigten Konzernjahresüberschusses als Dividende ausschütten - auch mit Blick auf den Verschuldungsgrad. "Es ist essenziell, dass wir unsere Verschuldung im Rahmen halten. Hierauf liegt in den aktuell schwierigen Zeiten vor allem deshalb unsere Priorität, um gleichzeitig Spielraum für Investitionen in Inhalte und unser Digitalangebot zu haben." Ziel sei es, "angemessen in unsere Zukunft investieren zu können".
Neben der Dividendenpolitik arbeite man zugleich daran, "uns als Gruppe noch effizienter aufzustellen", sagte Bert Habets und meinte dabei wohl vor allem das angekündigte Sparprogramm, von dem der Vorstandsvorsitzende schon vor wenigen Wochen behauptete, es werde "signifikantere Auswirkung auf den Konzern haben als frühere Maßnahmen" (DWDL.de berichtete). Auf der Hauptversammlung kündigte er nun noch einmal an, die organisatorische Aufstellung anpassen und "intensiv an unserer operativen Kostenbasis arbeiten" zu wollen. Erste Effekte aus dem Kostenprogramm sollen demnach im vierten Quartal sichtbar werden und sich voraussichtlich auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag velaufen. Der vollständige Effekt soll dann im nächsten Jahr sichtbar werden.
Schon deutlich früher ist indes zu erwarten, wie es mit einer anderen Problemzone weitergehen wird. Nachdem regulatorische Fragen bei den Portfoliounternehmen Jochen Schweizer und mydays aufgekommen waren, wurde deren Geschäftsmodell bereits in den vergangenen Monaten angepasst. Noch im Laufe des Sommers soll nach Angaben des Aufsichtsratschefs Andreas Wiele mit Ergebnissen einer Untersuchung zu rechnen sein. Unklar bleibt darüber hinaus noch, welche Auswirkungen der eingeleitete Beobachtungsvorgang der Münchner Staatsanwaltschaft haben wird. Ein offizielles Ermittlungsverfahren sei jedoch bislang nicht eingeleitet worden, stellte Bert Habets auf der Hauptversammlung klar. "Die Gespräche mit der Staatsanwaltschaft sind sehr konstruktiv und ich hoffe, dass wir diese Situation sehr bald klären können", sagte der Vorstandsvorsitzende.
Auch mit Blick darauf ist es verständlich, dass Habets den Fokus von ProSiebenSat.1 noch stärker auf den Entertainment-Bereich legen möchte - und das gilt auch für Beteiligungen an digitalen Wachstumsunternehmen. Hier wolle man sich "besser fokussieren - auf die strategische und erfolgreiche Nähe zu unserem Kerngeschäft Entertainment", kündigte er an. Generell gehe man im Segment "Commerce & Ventures" aber "sehr diszipliniert mit Cash-Investitionen um", so Habets. "Der Fokus liegt auf der Reduzierung unserer Verschuldung - und wenn wir wirklich deutlich Geld investieren, dann in unser Kerngeschäft Entertainment." Es ist eine Aussage, die der Großaktionär MFE, der mit Katharina Behrends wohl auch im künftigen Ausichtsrat vertreten sein wird, sicher gerne hören wird.
Am Ende seiner Rede zeigte sich Bert Habets davon überzeugt, dass 2023 das Jahr sein müsse, "in dem wir fokussieren" und in dem man "entscheidende Schritte" gehe, um das Ziel zu erreichen, "die Nummer eins im deutschsprachigen Unterhaltungsmarkt zu werden". Habets weiter: "Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserem klaren Fokus auf Entertainment und auf Joyn den richtigen Weg auf unserer Reise eingeschlagen haben. Jetzt ist es an uns zu beweisen, dass wir es können."