Um 14 Uhr beginnt in Potsdam die Sitzung des RBB-Rundfunkrats. Dort wollen die 30 Mitglieder eigentlich eine neue Intendantin wählen, inzwischen stehen nur noch Heide Baumann und Ulrike Demmer zur Auswahl, nach Juliane Leopold hat sich am Donnerstagabend auch Jan Weyrauch aus dem Prozess zurückgezogen (DWDL.de berichtete). Nun stehen aber noch weitere Fragezeichen hinter dem Verfahren: Die zwei Personalvertreterinnen in der sechsköpfigen Findungskommission fordern nämlich einen Abbruch der Wahl. Sie wollen, dass das Bewerbungsverfahren um die Intendanz neu ausgeschrieben wird

Kritik üben neben Sabine Jauer (Personalrat) sowie Dagmar Bednarek (Freienvertretung) auch der Personalrat Lutz Oehmichen an den Gremienvorsitzenden, allen voran an dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats, Benjamin Ehlers. Dieser knüpfe "nahtlos an die unrühmliche Tradition" seines Vorgängers Wolf-Dieter Wolf ("agierte selbstherrlich und nach eigenem Gutdünken") an, so die Kritik. Mit seiner einseitigen und unabgestimmten Empfehlung einer Gehaltsobergrenzen für die künftige RBB-Spitze und einem damit verbundenen Ausschlusskriterium habe er seine Kompetenzen als "EIN Mitglied der Findungskommission" überschritten, so die Personalvertreterinnen. Es habe für die Obergrenze "weder Beschlüsse noch Diskussionen in den Gremien" gegeben. "Einzig und allein der Hinweis des Brandenburger Ministerpräsidenten reichte offenkundig aus, um den Verwaltungsratsvorsitzenden tätig werden zu lassen. Das hat mit Demokratie nichts zu tun." Dietmar Woidke stand wegen seiner Einlassungen zur Wahl zuletzt in der Kritik (DWDL.de berichtete). 

Jauer, Oehmichen und Bednarek verweisen in einer Stellungnahme darauf, dass die Findungskommission aus sechs Mitgliedern bestehe und Ehlers, wie alle anderen auch, eine Stimme habe. "Dennoch bestimmte sein Einwurf fortan die öffentliche Diskussion um die Kandidatenwahl. Mögliche Konflikte zwischen Rundfunk- und Verwaltungsrat wurden so herbeigeredet. Nun stehen wir vor einem Scherbenhaufen." Aus einem ursprünglichen Teilnehmerfeld von vier potenziell geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten wurden zuerst drei, dann vier, dann drei und inzwischen nur noch zwei. Das warf zuletzt tatsächlich kein besonders schmeichelhaftes Licht auf die Vorgänge im RBB. 

Als die Personalvertreterinnen sich vor einigen Tagen schon einmal öffentlich zu Wort gemeldet hatten und die Nicht-Berücksichtigung von Jan Weyrauch scharf kritisierten, lenkten alle Beteiligte ein und Weyrauch kehrte zurück in den Bewerbungsprozess. Wie Rundfunk- bzw. Verwaltungsrat nun reagieren, ist unklar. Gut möglich, dass es eine finale Entscheidung erst bei der um 14 Uhr beginnenden Rundfunkratssitzung geben wird. 

Die Personalvertreterinnen machen in ihrer Stellungnahme aber keinen Hehl daraus, dass das Verhältnis zwischen ihnen und den Gremienvorsitzenden längst zerrüttet ist. Als sich am Donnerstagmittag "dringender Gesprächsbedarf" zwischen Findungskommission und einem Kandidaten (gemeint ist hier Jan Weyrauch) abgezeichnet habe, sei keine Sondersitzung einberufen worden. Benjamin Ehlers soll nach Darstellung der Personalvertreterinnen alleine entschieden haben, dass es einen solchen Gesprächsbedarf nicht gebe. "Durch das Agieren der beiden Gremien-Vorsitzenden im gesamten Prozess ist dem rbb auf keinen Fall geholfen, sondern ein neuerlicher Imageschaden zugeführt worden", kritisieren sie. 

"Auch die Behauptung des Verwaltungsratsvorsitzenden, Personalrat und Freienvertretung würden sich gegen Obergrenzen von Intendanten- und AT-Gehältern aussprechen, ist definitiv falsch und wird durch ständiges Wiederholen nicht richtiger", schreiben die Personelvertreterinnen. Man sei jedoch der Auffassung, dass die Gremienvorsitzenden nicht freihändig über so etwas entscheiden könnten - "ohne eingehende Befassung der Gremien darüber". Man wolle es nicht länger mittragen, dass es seit Tagen und Wochen um politisches Kalkül gehe - und nicht um das Programm oder die Belegschaft. 

Und so kommen die Personelvertreterinnen zu dem Schluss, dass ein geordnetes Wahlverfahren "nun nicht mehr zu Ende gebracht werden" könne. Man fordere daher, dass das Bewerbungsverfahren neu aufgesetzt werde. Dabei sollten Personalrat und Freienvertretung erneut beteiligt werden - und, das ist ihnen wahrscheinlich noch wichtiger, die Gremienvorsitzenden keine herausragende Rolle mehr spielen. "Politische Interessen müssen außen vor bleiben. Alles andere wäre eine Wiederholung des Chaos." Außerdem empfiehlt man dem Rundfunkrat eine juristische Überprüfung des bisherigen Wahlverfahrens. 

Gewählt wird der oder die Intendantin bzw. Intendant durch den Rundfunkrat. Der Verwaltungsrat ist dann eigentlich zuständig für die spätere Ausgestaltung des Dienstvertrags mit der neuen Führungsperson. Auch Jan Weyrauch wies in seiner Rückzugsbegründung auf dieses Verfahren hin. Dadurch könne der Rundfunkrat anhand qualitativer Kriterien seine Entscheidung treffen. "Was aber passiert, wenn der Rundfunkrat einen Intendanten wählt, der hinterher sein Amt nicht antreten kann, weil es zu keiner Einigung mit dem Verwaltungsrat über einen Vertrag kommt? Der Schaden für den RBB, für seine Gremien und nicht zuletzt auch für den Kandidaten wäre in der Öffentlichkeit riesig und kaum erklärbar", so Weyrauch, der noch einmal betonte, mit weniger Gehalt im Vergleich zu Interims-Intendantin Katrin Vernau leben zu können. Aber: "Während des Prozesses wurden allerdings Vorstellungen zur Gehaltsspanne des Intendantenvertrages ins Spiel gebracht, bei denen ich auch aus strategischen Überlegungen für die Folgewirkung auf das gesamte Gehaltsgefüge im RBB bei allem Verständnis für den sorgsamen und sparsamen Umgang mit Beitragsgeldern nicht mitgehen kann."