Weniger als 24 Stunden vor der Wahl eines neuen RBB-Intendanten hat Jan Weyrauch, Programmdirektor Radio Bremen, seine Bewerbung um das Amt am Donnerstagabend zurückgezogen. Schon zuvor gab es ein Hin und Her um Weyrauch, in dem auch die Personalvertreterinnen in der Findungskommission deutlich Stellung bezogen hatten und sich für Weyrauch aussprachen. Nun tritt er bei der Wahl am Freitag nicht an. Das liegt auch daran, weil der Verwaltungsrat das Gehalt der künftigen RBB-Spitze deutlich senken will. Das räumt Weyrauch in seinem Statement ein - es gehe aber nicht nur um das Geld, sagt der Programmdirektor von Radio Bremen.
Nachfolgend dokumentiert DWDL.de die Begründung für Weyrauchs Rückzug im Wortlaut:
Ich habe mich heute entschieden, am morgigen Freitag nicht als rbb Intendant zu kandidieren. Warum? Das Verfahren zur Intendantenwahl ist eindeutig geregelt. Zunächst wählt der Rundfunkrat den aus seiner Sicht geeignetsten Kandidaten oder die geeignetste Kandidatin. Danach schließt der Verwaltungsrat mit der gewählten Intendantin oder dem gewählten Intendanten den Vertrag. Dieses Verfahren macht deshalb Sinn, weil es dem Rundfunkrat erlaubt, anhand rein qualitativer Kriterien seine Entscheidung zu treffen. Was aber passiert, wenn der Rundfunkrat einen Intendanten wählt, der hinterher sein Amt nicht antreten kann, weil es zu keiner Einigung mit dem Verwaltungsrat über einen Vertrag kommt? Der Schaden für den RBB, für seine Gremien und nicht zuletzt auch für den Kandidaten wäre in der Öffentlichkeit riesig und kaum erklärbar.
Ich habe von Anfang an gegenüber der Findungskommission, dem Rundfunkrat und dem Verwaltungsrat transparent gemacht, dass ich selbstverständlich bereit bin im Vergleich zum bisherigen RBB Intendantinnengehalt, das bereits deutlich unter dem von Frau Schlesinger liegt, Abstriche in Kauf zu nehmen. Das erscheint mir als Zeichen ein Gebot der Stunde. Während des Prozesses wurden allerdings Vorstellungen zur Gehaltsspanne des Intendantenvertrages ins Spiel gebracht, bei denen ich auch aus strategischen Überlegungen für die Folgewirkung auf das gesamte Gehaltsgefüge im RBB bei allem Verständnis für den sorgsamen und sparsamen Umgang mit Beitragsgeldern nicht mitgehen kann.
Dabei spielt nicht nur die Höhe eines Gehaltes eine Rolle. Ein Vertrag ist eben doch auch ein Gesamtkunstwerk, in dem viele Aspekte ineinander greifen und am Ende ein stimmiges Gesamtkonstrukt entsteht.
Meine Hoffnung war, dass es evtl. im Laufe des Prozesses durch den gegenseitigen Austausch zu einem grundsätzlichen Umdenken in dieser Frage kommt. Diese Signale habe ich aber nicht erhalten. Damit ist absehbar, dass - im Fall meiner Wahl - ein Vertrag nicht zustande kommen würde. Daran kann niemand ein Interesse haben.
Mir tut der Rückzug sehr weh. Was mich durch die schwierigen vergangenen zwei Wochen getragen hat, war der deutlich spürbare Zuspruch aus großen Teilen der Belegschaft, sowie aus dem Personalrat und der Freien Vertretung. Der eindrucksvollste Satz in dem gesamten Bewerbungsverfahren kam für mich aus der Belegschaft selbst, während der Vorstellung der drei Kandidatinnen und meiner Person am Montag im RBB. Dort sagte ein Kollege sinngemäß: „Nicht nur die vier Kandidaten bewerben sich bei uns, sondern wir bewerben uns auch bei Ihnen“. Was für eine großartige Haltung. Diese habe ich zu jedem Zeitpunkt des Prozesses gespürt im besten Sinne. Im RBB arbeiten tolle Menschen, die sich nach einem Neuanfang sehnen. Ich bin mir zu 100% sicher: Im RBB geht was. Gerne hätte ich meinen Teil dazu beigetragen, den RBB wieder auf die Erfolgsspur zu setzen, die Wunden der Krise zu heilen und den geeigneten Rahmen zu schaffen, um einfach wieder unbeschwertes Programm-Machen zu ermöglichen. Wie gerne hätte ich gemeinsam mit der Belegschaft die durch die Programmreform bereits strategisch angedachten Leuchttürme entwickelt, die den RBB wieder strahlen lassen. ES - bzw. Ich - soll nicht sein. Schade.
Ich wünsche den verbliebenen Kandidatinnen alles erdenklich Gute und viel Erfolg bei der Wahl.