Dass sich "Qualitätsjournalismus und die Dynamik des Netzes nicht ausschließen", würden acht nun prämierte Online-Angebote verdeutlichen, sagte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach. Am Donnerstagabend wurden in der Kölner Flora acht Netz-Angebote mit dem Grimme Online Award prämiert. Es sind die besten Acht aus rund 800 Einreichungen, die überzeugt hätten durch vorbildliche Gestaltung, Informationstiefe und teils überraschende, immer wieder vielfältige Perspektiven auf die Gesellschaft, wie es hieß. "Für unser kulturelles, politisches und gesellschaftliches Miteinander sind hochwertige Angebote, die ein Gegengewicht zu Polarisierung und Populismus bilden, wichtiger denn je", sagte Gerlach.
So wurde unter anderem die multimediale Ausstellungsdokumentation „To be seen. queer lives 1900-1950" vom NS-Dokumentationszentrum München prämiert. Diese habe "die erstaunliche Vielfalt queeren Lebens in Deutschland anhand einzelner Persönlichkeiten" gezeigt und einen Preis in der Kategorie Kultur und Unterhaltung erhalten. Gelobt wurden Mut und Ambivalenz. "Stolpersteine NRW" (WDR), ebenfalls prämiert, eine Kombination aus digitalen Karten und persönlichen Geschichten, ermöglicht ein Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und eine Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit. Die Jury argumentierte: "Die Inhalte sind hervorragend recherchiert und geben einen umfassenden Einblick in das Leben und Schicksal der Deportierten."
Thematisch noch etwas dichter an der Gegenwart, wurde "Im Takt. Wege in den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau" für das facettenreiche Storytelling ausgezeichnet, welches von der gleichnamigen Gedenkstätte veröffentlicht wurde. Die Jury: "Eindrücklich vermittelt die gute Aufbereitung die Heimtücke und die Bösartigkeit des Heimsystems in der ehemaligen DDR, ohne zu dramatisieren."
In weniger als zwei Minuten informiert Stève Hiobi auf seinem TikTok-Kanal DeinBruderStève seine vornehmlich jungen Userinnen und User über die Geschichte des deutschen Kolonialismus in Afrika, politische Ereignisse der Gegenwart und die vielen unterschiedlichen Kulturen dieses Kontinents und punkte dabei nach Jury-Ansicht unter anderem mit unaufgeregter Erzählart, zudem würde sein "erkennbares Wissen" ihm Glaubwürdigkeit verleihen.
Der Instagram-Kanal "Hand drauf" (funk) sei indes ein "Vorreiter" für inklusive Angebote. Behandelt werden oft auch Themen, die gehörlose Menschen betreffen. "Das ist Inklusion: Anderen die Teilhabe an der eigenen Lebenswirklichkeit und dem eigenen Blick auf die Welt zu ermöglichen, um letztlich die Abgrenzung zu verkleinern", formulierte die Jury. Ausgezeichnet wurden zudem auch die Multimedia-Reportage "Schwangerschaftsabbruch in Deutschland" (Correctiv.Lokal) und die Podcast-Serie "Teurer Wohnen", für die sich radioeins vom rbb mit dem privaten Detektor.FM zusammengetan hatten und das aus der Schweiz kommende Angebot "Das Ende vom ewigen Eis", das von Das Magazin (Tamedia) hergestellt wurde.
Den Publikumspreis erhielt ein YouTube-Kanal, der erscheine "wie ein Korrespondent aus der Zukunft". Dort werden Themen wie Physik, Umwelt, Philosophie, Nachhaltigkeit und Technologie "verständlich" behandelt. "Doktor Whatson" kommt von Cedric Engels und seinem Team.