Acht Jahre nach der Premiere des ersten Seriencamps in München bezog das Seriencamp in deutlich ausgebauter Form am Dienstag seine neue Heimat: Das Gelände des Cinenova in Köln-Ehrenfeld. Dort findet in dieser Woche nun zum Einen das Seriencamp Festival mit seinen kostenlosen und für jeden zugänglichen Screenings neuer Serien statt, zum Anderen die Seriencamp Conference als Fachkongress für die Branche - und das Interesse aus der Fachwelt war riesig, mit 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sei die Conference ausverkauft, konnte das Seriencamp-Führungstrio Malko Solf, Simone Schellmann und Gerhard Maier am Dienstag berichten.
Insofern scheint sich das Risiko, die Veranstaltung vom Süden in den Westen des Landes zu verlegen, für die Seriencamp-Crew bezahlt zu machen. Einen großen Anteil daran hat die Tatsache, dass die drei bei der Film- und Medienstiftung NRW wie auch der Landesregierung offenbar mit ihren Vorstellungen, die Veranstaltung nach den Pandemie-Jahren größer denn je aufzuziehen, auf wesentlich mehr Begeisterung gestoßen sind als bei den bayerischen Gegenstücken. Mehr zur Genese dieses Umzugs erzählten sie bereits Ende des Jahres im DWDL-Interview.
Vor allem der unter anderem für Medien zuständige NRW-Minister Nathanael Liminski zeigte sich nun jedenfalls ziemlich stolz, dass die neue Heimat der Veranstaltung am Rhein statt an der Isar liegt. Er sei überzeugt, dass das Seriencamp so gut zu Köln passe wie umgekehrt Köln und NRW zum Seriencamp - weil es auch zu der Strategie passe, weg von "Monsterveranstaltungen" wie dem Medienforum zu kommen, das "versucht hat alle zu adressieren, sodass am Ende niemand wirklich adressiert wurde", hin zu zielgruppenspezifischeren Veranstaltungen. "Das Seriencamp ist wie die Kirsche auf der Sahnetorte, weil es einerseits ein breites Publikum anspricht, zum Anderen aber auch die Branche", schwärmte Liminski. Und dass man diese Kirsche gerne behalten würde, machte er auch deutlich und stellte für die Zukunft schonmal weitere Unterstützung seitens der Landesregierung in Aussicht.
Ohnehin glaube man in NRW weiter an Serien, auch wenn einige sagen würden, deren goldenes Zeitalter sei schon wieder vorbei. "Wenn ich sehe, dass 'Stromberg' nach 20 Jahren immer noch ein Quell guter Sprüche für den Büro-Alltag ist, dann sind das doch auch Dinge, an denen wir für die Zukunft arbeiten müssen." Daher werde man auch die bislang als Pilotprogramm betriebene Serienentwicklungsförderung der Film- und Medienstiftung, die unter der Führung von Petra Müller aufgebaut wurde, "in Serie" schicken, was in den nächsten Wochen abgesegnet werden soll. Müller wies in dem Zusammenhang nochmal darauf hin, dass diese Entscheidung vor zehn Jahren "alles andere als ein No-Brainer" gewesen sei, damals seien die Gräben zwischen Kino und Serie noch sehr tief gewesen - und eine Produktion wie "Im Angesicht des Verbrechens" habe gar keine Förderung bekommen.
"Wir brauchen in Deutschland endlich Rahmenbedingungen, die es denjenigen erlauben, die auch unternehmerisch in diesem Bereich tätig sind, zu planen und Sicherheit zu bekommen - die Zeiten sind unsicher genug. Deswegen wollen wir als Land unseren Teil dazu beitragen diese Sicherheit zu geben", so Liminski. Zudem adressierte er auch das Thema "Total Buyout" - also dass Produzenten alle Rechte an Sender oder Plattformen abgeben müssen. Das sei etwas, "das so nicht bleiben darf", so der NRW-Minister. "Wir müssen also neben Förderung auch darüber nachdenken, wie wir endlich dahin kommen, dass Rechte so verwertet werden, dass die etwas davon haben, die das Ganze erfunden haben: Die Kreativen."
Unterdessen wurden zur Eröffnung des Seriencamps auch schon die ersten zwei von vier Preisen vergeben. Während zum Ende des Festivals noch der Audience Award sowie der - öffentlich auf der Bühne diskutierten - Critics Choice Award vergeben werden, wurde die kanadische Produktion "Martine Á La Plage" bereits mit dem Digital Short Form Award geehrt. Und dass das durchaus Folgen haben kann, wusste der Vorjahresgewinner Matus Krajnak zu berichten, der den Award dieses Jahr übergab: Inzwischen konnte er sein "Sexfluencing" an einen internationalen Streamer verkaufen - und Auszeichnungen wie unter anderem die vom Seriencamp seien dabei ein wichtiger Teil des Puzzles gewesen, dahin zu gelangen. Der Preis in der Official Competition ging unterdessen in diesem Jahr an "I'm A Virgo" - eine Serie von Prime Video über einen vier Meter großen Mann, die am Dienstag direkt im Anschluss an die Verleihung auch noch ihre Europa-Premiere feierte.