Wolfgang Link, bisheriger Vorstand Entertainment und CEO der Seven.One Entertainment Group, hat sich nach 14 Jahren bei ProSiebenSat.1 entschieden, den Konzern im besten Einvernehmen zum 15. Juli 2023 zu verlassen, so heißt es in einer Pressemitteilung, die der Konzern am Montagabend verschickte und damit kurz vor den Screenforce Days überrascht. Der Zirkusdirektor verlässt die Manege des Halli Galli, in die er einst z.B. Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf holte, die in der Zeit nach Raabs TV-Rückzug das kreative Rückgrat von ProSieben bildeten.
Es ist eine Personalie, bei der insbesondere der Zeitpunkt überrascht. Dass der in der Branche sehr geschätzte Link den TV-Konzern in Unterföhring bis in den Vorstand im Grunde durchgespielt hatte, war ihm und anderen schon länger bewusst. Doch ausgerechnet jetzt? Der "Link Out" bei LinkedIn klang am Montagabend in seinem Beitrag so: "Es war mir eine Ehre, mit so vielen talentierten und engagierten Kolleg:innen vor und hinter den Kulissen unser Geschäft immer wieder neu zu definieren. Gemeinsam haben wir ein Stück Unterhaltungsgeschichte geschrieben und jeden Tag aufs Neue gezeigt, wie sehr wir Entertainment von ganzem Herzen lieben."
Und Link beendete den persönlichen Beitrag mit den Worten: "Ich danke allen, die mich auf diesem Weg begleitet haben und dieser, meiner Company, für die vielen spannenden Herausforderungen und die tolle Zeit miteinander. Wir sehen uns." Seine Aufgaben im Konzern übernimmt "aufgrund der strategischen Neuausrichtung des Konzerns und der Fokussierung auf das Kerngeschäft Entertainment", wie es in der Pressemitteilung heißt, ProSiebenSat.1-CEO Bert Habets künftig selbst. Doch das, was wird, spielt an diesem Abend in der Branche zunächst eine weniger große Rolle als der Abtritt von Wolfgang Link. Denn dessen Abschied würde eine große deutsche Boulevardzeitung vermutlich "TV-Hammer" nennen.
"Ich blicke mit großer Dankbarkeit auf die vergangenen 14 Jahre", lässt sich Link in der Pressemitteilung zitieren. Und weiter u.a.: "Es war und ist ein großes Privileg, Deutschland jeden Tag mit großartigen Inhalten zu informieren und entertainen. Ich freue mich, ProSiebenSat.1 als Berater weiterhin zur Verfügung zu stehen." Zumindest für ein Weilchen, wie man das ebenso macht wenn der eigentliche Vertrag dann doch überraschend zügig endet. Zusammen mit Finanzvorstand Martin Mildner und Christine Scheffler zuständig für HR, Compliance & Sustainability besteht der Vorstand der ProSiebenSat.1 Media SE um CEO Bert Habets künftig aus nur drei Personen.
Eine Reduzierung des Spitzenpersonals kommt angesichts des derzeit schwierigen wirtschaftlichen Umfelds des werbefinanzierten TV-Geschäfts sicher nicht verkehrt, insbesondere weil auch in Unterföhring klar ist, dass es wohl ohne einen weiteren Personalabbau im Unternehmen nicht durch diese Krise gehen wird. Das lässt auch Andreas Wiele, Aufsichtsratsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media SE, in seinem Statement zur Veränderung im Vorstand des TV-Konzerns anklingen: "Die Verkleinerung des Vorstands steht auch im Einklang mit dem konzernweiten Transformationsprogramm, um Strukturen und Kosten zu optimieren." Den Vorwurf, dass unten gespart und oben ausgebaut wird, muss man sich zumindest nicht mehr machen lassen.
Links Abschied ist eine Zäsur für die Seven.One Entertainment Group, also das Entertainment-Geschäft der ProSiebenSat.1 Media SE, welches Link mit wechselnden Job-Titeln seit zehn Jahren maßgeblich geprägt hatte. 2009 kam er zunächst als neuer Unterhaltungschef von Grundy Light Entertainment zu Sat.1, wurde dann Chef von ProSieben bevor er 2013 die Gesamtverantwortung fürs TV-Geschäft übernahm und es in den folgenden Jahren auf einer Ebene über den jeweils amtierenden Senderchefinnen und -chefs mitgestaltete. Zuletzt trieb er den senderübergreifenden Aufbau der neuen Newsredaktion in Unterföhring voran und zeichente sich für die Komplettübernahme von Joyn verantwortlich.
Wie auch andere Marktteilnehmer kämpften die Sender von ProSiebenSat.1 zuletzt allerdings mit dem schwächelnden Werbemarkt, dazu kamen auch noch einige prominente Programmentscheidungen bei Sat.1 und ProSieben, die bislang nicht den erhofften Effekt hatten. Das Ausscheiden von Wolfgang Link zum jetzigen Zeitpunkt sorgt dementsprechend für den Eindruck, dass damit auch einmal die Verantwortung dafür abgeräumt werden soll. Doch Kolleginnen und Kollegen in Unterföhring wissen auch, dass es seit einiger Zeit schon Links eigener Wunsch war, nach Jahren als Workaholic derzeit dem Privatleben mehr Raum zu geben.
Am Ende wird es also ein Mix von drei Faktoren sein, die bei dieser im Zeitpunkt überraschenden Personalie am Vorabend der Screenforce Days aufeinander treffen: Der schon länger gereifte, private Wunsch von Wolfgang Link nach mehr Zeit, ein Spar-Signal auch von oben in Zeiten bevorstehender Einsparungen im Konzern und angesichts mancher jüngsten Rückschläge eine Reaktion, bevor man bei einem Event wie den Screenforce Days mit Öffentlichkeit bzw. Werbekunden wieder nach vorne blicken will. Und dass einer wie Link eine neue Manege finden wird, ist gewiss.