Die monatlichen Brutto-Werbezahlen, die Nielsen errechnet, zeichneten zuletzt ein sehr düsteres Bild für die deutschen TV-Sender. Der TV-Werbemarkt lag demnach nach vier Monaten nach Brutto-Zahlen - die stets ungenau sind, weil sie Rabatte, Eigenanzeigen und Barter-Deals nicht berücksichtigen - schon fast elf Prozent unter dem Vorjahreswert, über alle Medien hinweg betrug das Minus 5,6 Prozent.
Gemessen daran ist die Prognose des Privatmedien-Verbands VAUNET für dieses Jahr nun noch erstaunlich gut ausgefallen. Nach einem leichten Rückgang um 2,3 Prozent im Jahr 2022 sollen demnach aufs gesamte Jahr gesehen die Werbeumsätze der Audio- und audiovisuellen Medien wieder um 1,2 Prozent von zuletzt 6,13 auf nun 6,21 Milliarden Euro wachsen. Offenbar rechnet man also mit einer Erholung im zweiten Halbjahr - und im Vergleich zum Vorjahr dürfte auch schon statistisch der Effekt helfen, dass im letzten Jahr der Endspurt ja auch schon ausgeblieben war.
Trotz des insgesamt recht guten Ausblicks zeigt sich innerhalb der einzelnen Segmente eine höchst unterschiedliche Entwicklung. Das große Sorgenkind bleibt die klassische TV-Werbung. Nachdem sich die Umsätze 2021 vom Corona-Einbruch erholen konnten, gab es 2022 bereits einen massiven Rückgang um 7,4 Prozent. Für dieses Jahr erwartet man nun nochmal 3,7 Prozent oder 149 Millionen Euro weniger. Damit läge der Umsatz mit Fernsehwerbung nur noch bei 3,87 Milliarden Euro - und somit sogar niedriger als 2020, als trotz des zeitweise Corona-bedingt fast vollständig zum Erliegen gekommenen Werbemarktes noch über vier Milliarden Euro umgesetzt worden waren.
Trotzdem erwartet VAUNET für den gesamten Bereich der Bewegtbild-Werbung in diesem Jahr ein leichtes Plus von 0,9 Prozent, weil Instream-Werbung weiterhin boomt. Daran partizipieren auch die großen TV-Konzerne, aber eben nicht nur die. Der Umsatz mit Instream-Videowerbung soll dieses Jahr erneut um 15 Prozent auf fast 1,5 Milliarden Euro anziehen, womit dieses Segment dann schon fast 28 Prozent der gesamten Umsätze mit Bewegtbildwerbung ausmacht.
Besser als beim klassischen Fernsehen sieht die Entwicklung im klassischen Radio aus. Die Netto-Werbeumsätze im Radio legten schon im vergangenen Jahr anders als im Fernsehen um 1,3 Prozent auf 716 Millionen Euro zu, für dieses Jahr erwartet VAUNET erneut ein kleines Wachstum um zwei Prozent auf 730 Millionen Euro. Auch hier bleibt aber festzuhalten: Das Vorkrisenniveau von 2019, als noch 784 Millionen Euro Werbeumsatz zu Buche standen, ist längst noch nicht wieder erreicht. Auch im Audio-Bereich wächst die Instream-Werbung noch deutlich schneller. Im vergangenen Jahr ging's um 15 Prozent auf 97 Millionen Euro nach oben, in diesem Jahr wird die 100-Millionen-Marke nun voraussichtlich locker weit übertroffen. Erwartet wird ein Plus um weitere 15 Prozent auf 111 Millionen Euro.
Bei VAUNET nimmt man die weiterhin schwierige Lage auf dem Werbemarkt zum Anlass, erneut vor weiteren Werbebeschränkungen zu warnen. Der Vorstandsvorsitzende Claus Grewenig sagt: "Die Entwicklung der Werbeumsätze bleibt volatil und die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen externer Krisenfaktoren gehen an den Medienunternehmen nicht spurlos vorbei. Umso wichtiger ist es, tiefgreifende und unverhältnismäßige Eingriffe in unsere Finanzierungsgrundlagen zu verhindern. Der aktuelle Vorstoß des Ernährungsministers zu einem Werbeverbot für Lebensmittel verdeutlicht drastisch die Gefahr der Entkopplung politischen Handelns von den Folgen für die privaten Medien. Es ständen verheerende Konsequenzen im Raum, wenn ohne Evidenz und Interessenabwägung weitreichende Werbeverbote umgesetzt würden."