Der Presserat hat ein Verfahren gegen Holger Friedrich, den Verleger der "Berliner Zeitung" eingeleitet. Das hat das Gremium der "Süddeutschen Zeitung" bestätigt. Geprüft wird, ob ein Verstoß gegen Ziffer 5 des Pressekodexes vorliegt, in dem Berufs­geheimnis und Quellen­schutz geregelt sind. Wörtlich heißt es darin: "Die Presse wahrt das Berufsgeheimnis, macht vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und gibt Informanten ohne deren ausdrückliche Zustimmung nicht preis. Die vereinbarte Vertraulichkeit ist grundsätzlich zu wahren."

Holger Friedrich hatte Ende April bestätigt, dass der frühere "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt ihn persönlich kontaktierte und Chat-Nachrichten aus dem Springer-Kosmos anbot, um diese zu veröffentlichen. Unaufgefordert habe er von Reichelt entsprechende Nachrichten erhalten. Bei der "Berliner Zeitung" habe man sich dazu entschieden, das Material zu vernichten, weil es Persönlichkeitsrechte verletze. Die Chats sollen Nachrichten des Springer-Vorstands und weiteren Führungskräften zu internen Angelegenheiten des Unternehmens enthalten. Friedrich selbst informierte zudem die Juristen von Axel Springer über Reichelts Vorgehen (DWDL.de berichtete).

Für die "Berliner Zeitung" könnte sich das Vorgehen des Verlegers noch als problematisch erweisen, denn wenn potenzielle Informanten bei der Zeitung fürchten müssen, dass geleakte Dokumente nicht vertraulich behandelt werden, wenden sie sich im Zweifel an eine andere Redaktion. Friedrich begründete seinen Schritt gegenüber dem "Manager Magazin" damit, es habe sich bei Reichelt um einen "Grenzfall" gehandelt, den man diskutiert habe. "Doch es ist eine Frage professioneller Standards, den anderen darüber zu informieren, dass mir unsaubere Informationen zur Verfügung gestellt wurden", so Friedrich. Und weiter: "Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der private Informationen von exponierten Personen öffentlich werden."

Beim Presserat sind wegen dieses Vorgehens nun zwei entsprechende Beschwerden gegen die "Berliner Zeitung" eingegangen, berichtet die "SZ". "Wer seine Informanten schützt, schützt damit auch die Pressefreiheit", erklärte die Sprecherin des Presserats, die Juristin Kirsten von Hutten. Gelte dieser Grundsatz nicht mehr, müsse man befürchten, dass Medien keine Informationen mehr erhalten, die essenziell für die Demokratie sein können. 

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