Zum ersten Mal seit mehr als 15 Jahren gehen Hollywoods Drehbuchautorinnen und -autoren in den Streik. Die Writers Guild of America (WGA) kündigte an, dass die Arbeitsniederlegung am Dienstagnachmittag beginnen wird, nachdem die Verhandlungen mit der Gewerkschaft, die Studios und Streaminganbieter vertritt, am Montagabend gescheitert waren.
"Wir haben keine Einigung mit den Studios und Streamern erzielt", teilte die WGA mit, die insgesamt mehr als 11.000 Autorinnen und Autoren vertritt. Der WGA-Verhandlungsausschuss hatte in den zurückliegenden Wochen mit Netflix, Amazon, Apple, Disney, Discovery-Warner, NBC Universal, Paramount und Sony unter dem Dach der Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP) verhandelt - ohne Erfolg, wie sich nun zeigt. Eine mögliche Arbeitsniederlegung stand schon länger im Raum, erst recht, seit die Mitglieder der WGA kürzlich für einen Streik stimmten, sollte mit den Studios nicht noch im April eine Einigung erzielt werden.
"Obwohl wir mit der Absicht verhandelt haben, einen fairen Vertrag abzuschließen - und obwohl Ihre Streikabstimmung uns die Möglichkeit gegeben hat, etwas zu erreichen - waren die Antworten der Studios auf unsere Vorschläge angesichts der existenziellen Krise, in der sich die Autoren befinden, völlig unzureichend", erklärte die WGA in einer Mitteilung. "Wir müssen jetzt den größtmöglichen Hebel ansetzen, um einen fairen Vertrag zu bekommen, indem wir unsere Arbeit verweigern."
Schon in der vergangenen Woche hatte sich die WGA ähnlich geäußert. Demnach hätten die Studios und Streaming-Anbieter in den Gesprächen unter anderem keine Garantie für die Anzahl der Beschäftigungswochen für Fernsehautoren geben wollen. Darüber hinaus hätten sie die Einführung eines "Tagessatzes" für Comedy-Autoren vorgeschlagen und bei Vorschlägen zur Minimierung von unbezahlter Arbeit sowie zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz wie ChatGPT "gemauert".
Auswirkungen sofort spürbar
Die nun getroffene Entscheidung für einen Streik wird vor allem auf die für das US-Fernsehen typischen Late-Night-Shows sofortige Auswirkungen haben, schließlich sind sie darauf angewiesen, dass Autorinnen und Autoren tagesaktuelle Gags schreiben. Sollte sich der Streik über einen längeren Zeitraum ziehen, könnte er außerdem die Pläne für die nächste TV-Saison gefährden, weil die Autorinnen und Autoren in der Regel schon im Mai oder Juni damit beginnen, für die ersten Serien-Premieren im Herbst zu schreiben. Wann es eine Rückkehr an den Verhandlungstisch geben wird, steht noch nicht fest.
Die Autorinnen und Autoren fühlen sich ein Stück weit als Verlierer der Streaming-Revolution. Zwar ist die Zahl der Serien-Produktionen so hoch wie nie - allerdings fallen Staffeln immer kürzer aus und immer seltener gibt es überhaupt mehrere Staffeln. Dafür tendieren einzelne Folgen dazu, länger zu werden - eine doppelt ungünstige Situation, wenn man im Wesentlichen pro Episode bezahlt wird. Dass die Zahl der Film-Produktionen vor dem Hintergrund des Serienboooms rückläufig ist, verschärft die Lage zusätzlich.
Nach Berechnungen der WGA soll der durchschnittliche Wochenlohn für Autorinnen und Autoren in den letzten zehn Jahren um vier Prozent gesunken sein. Nun kommt auch noch eine recht hohe Inflation dazu - die WGA wird sich also kaum mit Klein-Klein zufrieden geben, sondern auf signifikanten Verbesserungen bestehen. Dazu kommt nun auch noch die besagte Diskussion über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Skript-Entwicklung.
Milliardenschwere Sparprogramme
Die Forderungen der Autorinnen und Autoren kommen allerdings zu einem Zeitpunkt, zu dem auch die Produktionsstudios nicht in bester Verfassung sind. Quer durch die Branche wurden zuletzt milliardenschwere Sparprogramme aufgelegt, die große Wachstumsfantasien hinsichtlich der Streaming-Plattformen wurden ordentlich zurechtgestutzt - und bis auf Netflix handelt es sich da bislang um heftige Verlustgeschäfte. Mit diesem Argument sollten die Studios allerdings lieber gar nicht erst kommen: Die WGA wies sich vorab darauf hin, dass sämtliche Konzerne gegenüber den eigenen Aktionären einen baldigen Break-Even ihrer Streaming-Aktivitäten in Aussicht gestellt haben. Und da ein neuer Kontrakt für gewöhnlich über drei Jahre geschlossen wird, wies man einen Verweis auf aktuell noch anfallende Verluste schonmal brüsk zurück.
Klar ist: Die Autorinnen und Autoren besitzen die Macht und Entschlossenheit, die gesamte Branche zum Stillstand zu bringen. Das haben sie in der Vergangenheit schon mehrfach bewiesen. 1998 traten sie für fünf Monate in den Ausstand, 2007 dauerte der letzte Writers' Strike 100 Tage an. Und 2017 konnte ein neuerlicher Streik nur mit einer Last-Minute-Einigung wenige Stunden vor den ersten Arbeitsniederlegungen abgewendet werden.