Die Deutsche Welle steht vor deutlichen Einsparungen und wird im Zuge dessen auch zahlreiche Stellen streichen. "Wir müssen davon ausgehen, dass wir im nächsten Jahr eine erhebliche Summe einsparen müssen. Aus diesem Grund werden wir Angebote reduzieren", erklärte Intendant Peter Limbourg. Obwohl der Bundeshaushalt für das Jahr 2024 noch nicht beschlossen ist, müsse die DW präventive Schritte einleiten. "Wir müssen vorsorglich einige Entscheidungen treffen, um 2024 nicht in eine ungleich schwierigere Lage zu kommen. Gleichzeitig müssen wir auf den hoch dynamischen digitalen Wandel reagieren, der uns auf den internationalen Medienmärkten stark herausfordert", erklärte Limbourg am Freitag vor dem Rundfunkrat, der in seiner Sitzung die gesetzlich geforderte Aufgabenplanung der DW für die Jahre 2022 bis 2025 beschloss.

Konkret geht es um 20 Millionen Euro, die der staatliche Auslandssender 2024 sparen will - etwa fünf Prozent der bisherigen Etats. 2023 arbeitet die DW mit einem Bundeszuschuss in Höhe von 406,5 Millionen Euro. "Die Einsparungen sind schmerzlich. Angesichts der Haushaltslage wäre es allerdings verwunderlich, wenn wir von Kürzungen verschont blieben", erklärte Limbourg bei einem Pressegespräch. Der Rundfunkrat bekräftigte, dass für Reduzierungen im Personalbereich sozialverträgliche Lösungen gefunden und umgesetzt werden müssen

Von den Sparplänen werden auch zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen sein. Rund 100 Vollzeitstellen sollen nach Angaben der Deutschen Welle zum Jahreswechsel wegfallen, größtenteils am Standort Berlin, aber auch in Bonn. Limbourg geht davon aus, dass es um etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht. Betriebsbedingte Kündigungen soll es jedoch nicht geben, versichert der Sender, der zugleich ab sofort einen Einstellungsstopp verhängt. 

Die Aufregung im Haus ist nach DWDL.de-Informationen nun groß, auch wenn der Intendant zu beschwichtigen versucht. "Wir werden alles versuchen, um den betroffenen Mitarbeitenden andere Positionen im Haus anzubieten", sagte Peter Limbourg und kündigte an, dass von den 20 Millionen Euro, die die Deutsche Welle im kommenden Jahr einsparen will, etwa die Hälfte auf das Programm entfallen soll. Dazu kommen Kürzungen bei Investitionen in Technik und Infrastruktur. "Wir werden die Einsparungen nicht mit der Rasenmähermethode erreichen. Würden wir überall gleichmäßig kürzen, würden wir die Deutsche Welle zu stark schwächen. Daher gehen wir strategisch vor", kündigte DW-Intendant Peter Limbourg in einem Pressegespräch an.

 

"In dieser Weltlage substanziell an den Nachrichten zu sparen, wäre sehr kontraproduktiv."
DW-Intendant Peter Limbourg

 

Sehr stark wird es den Sport-Bereich treffen, dessen Etat von sechs auf 1,5 Millionen Euro sinken wird - also um 75 Prozent. Der Etat für die deutschsprachigen Angebote wird gleichzeitig um über zwei Millionen auf nur noch 200.000 Euro reduziert. Im Zuge dessen wird auch der deutschsprachige TV-Kanal der DW eingestellt. Mit Deutsch als Sendersprache sollen jedoch weiterhin alle Magazinformate und Dokumentationen produziert werden, heißt es aus Bonn. Die Formate sollen jedoch künftig über Social Media verbreitet werden, etwa über YouTube und Facebook. "Das deutsche TV-Programm ist für uns nicht mehr von großer Relevanz, weil es keine nennenswerte Reichweite mehr erzielt", rechtfertigte Limbourg den Schritt. Erst 2022 musste die DW nach einer DWDL.de-Recherche seine Verbreitung über deutsche TV-Plattformen einstellen. Zuletzt sollen nur noch rund 250.000 Zuschauerinnen und Zuschauer den deutschen Kanal genutzt haben - vor dem Hintergrund von 291 Millionen wöchentlichen Nutzerkontakten der DW-Angebote ein verschwindend geringer Anteil.

Eher niedrig - nämlich um 1,2 Millionen Euro - sollen die Kürzungen indes im News-Bereich ausfallen, der mit einem Etat von 26,8 Millionen Euro nach wie vor üppig bedacht wird. "Bei den Nachrichten werden wir wenig sparen und vor allem im linearen Fernsehen einige Aktivitäten zurückführen, um die wichtigen digitalen Produkte nicht zu schwächen. In dieser Weltlage substanziell an den Nachrichten zu sparen, wäre sehr kontraproduktiv", sagte der Intendant, der vorm dem Hintergrund der angekündigten Sparmaßnahmen auf Nachfrage betont, keine Management-Fehler erkennen zu können. Vielmehr sieht er die Regierung in der Verantwortung, die letztlich über die Höhe des Etats der Deutschen Welle entscheidet. Mit Kritik hält sich Limbourg dennoch auffällig zurück, was auch deshalb bemerkenswert ist, weil der Intendant in der Vergangenheit immer sehr laut, wenn es darum ging, mehr Geld für sein Haus zu fordern. 

Tatsächlich ist der Etat der Deutschen Welle seit Limbourgs Amtsantritt vor fast zehn Jahren spürbar gewachsen - und damit auch das Angebot des Auslandssenders, der stets so etwas ist wie die "deutsche Stimme in der Welt". Doch der Expansionskurs findet nun wohl ein jähes Ende, auch wenn bestimmte Angebote weiter ausgebaut werden sollen. So werden die russischen TV- und Videonachrichten inzwischen täglich produziert und nicht mehr nur an Werktagen.

"Der Koalitionsvertrag sah einen Ausbau der Deutschen Welle vor. Aus diesem Grund haben wir bestimmte Maßnahmen ergriffen, weil wir uns darauf verlassen haben, dass alles so geschieht wie es beschlossen wurde", erklärte Peter Limbourg im Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten. Dann sei jedoch der Krieg "mit all seinen Zusatzkosten" gekommen. "Wir haben sämtliche Reserven aus dem 2022er-Haushalt in den 2023er-Haushalt reingenommen und gehofft, dass der 2024er-Haushalt für einen Ausgleich sorgen wird. Wir haben keine Reserven mehr." Limbourg weiter: "Wir sehen die Realität der Medien. Überall passieren im Moment Kürzungen. Daher müssen wir bereit sein, uns von Dingen zu trennen, die für uns strategisch nicht mehr im Fokus stehen." Für die Belegschaft ist das freilich schmerzhaft.

Verständnis für den Schritt kam von den Gremien der Deutschen Welle. "Der Intendant hat deutlich gemacht, dass die dem Rundfunkrat vorgestellten Maßnahmen zur Absicherung der Zukunft umgesetzt werden müssen", sagte der Rundfunkratsvorsitzende Karl Jüsten. "Deutschland braucht einen starken öffentlich-rechtlichen Auslandssender als gewichtige Stimme aus der EU, der für Menschrechte, Demokratie, Pressefreiheit eintritt und die Zielländer mit wahren Informationen und journalistisch sauberen Einordnungen versorgt." Peter Clever, Vorsitzender des Verwaltungsrats, erklärte: "Angesichts der geopolitischen Herausforderungen für Deutschland, Europa und alle liberalen, den Menschenrechten verpflichteten Demokratien wären stagnierende DW-Etats ab 2025 politisch das Gegenteil von dem, was bei hybrid ausgetragener Aggression autoritärer und diktatorischer Regime notwendig ist, um Propaganda und Desinformation entgegenzutreten. Gleichwohl ist die für 2024 vorgesehene Budgetplanung der Geschäftsleitung eine notwendige Vorsichtsmaßnahme, denn grundsätzlich muss stets ein neutraler DW-Jahresabschluss erzielt werden."