Kurz nachdem Günther Jauch der ARD abgesagt hatte und die monatelangen Verhandlungen nach etlichem Störfeuer aus den unterschiedlichsten Gremien der ARD platzen ließ, schien alles noch gesittet abzulaufen. Jauch äußerte gemäßigte Kritik an den Gremien der ARD, dort wiederum zeigte man sich allerorten traurig und übte sogar Selbstkritik.
Doch wenige Tage später wird der Ton nun schärfer. In einem Interview mit dem "Spiegel" rechnet Günther Jauch mit der ARD ab und findet deutliche Worte. Er habe das Gefühl gehabt, dass man ihn "an möglichst kurzer Leine um die Anstalt rennen lassen wollte", so Jauch. "Jeder drittklassige Bedenkenträger schlug ein anderes Pflöckchen in den Boden." Jede Woche hätten "Gremien voller Gremlins" der Verführung nachgegeben, ihren Namen neben seinen in der Zeitung zu lesen. Und Jauch legt noch nach: "Profilneurotiker" seien diese ARD-Kritiker gewesen.
Dabei sei mit seinen Verhandlungspartnern Pleitgen, Plog und Struve bereits ein unterschriftsreifer Vertrag ausgearbeitet gewesen. "Aber das nachgeordnete Niederwild reißt mit dem Hintern ein, was die Chefs mit dem Kopf gerade erst aufgebaut haben", so Jauch. "Ich musste zum Beispiel eine lächerliche Diskussion um die Archivöffnungszeiten der ARD führen. Da sollte ich für eine aktuelle Sonntagabendsendung akzeptieren, dass ab Freitagnachmittag wegen fehlender Planstellen kein Filmmaterial mehr abrufbar sei." Derart absurde Probleme seien zwar mit einem Anruf von ganz oben schnell gelöst worden, "erklären aber zugleich die innere Verfasstheit des Systems".
Die Entscheidung zum Abbruch der Verhandlungen sei Ergebnis eines schleichenden Prozesses gewesen. Er habe mit vielen befreundeten Fachleuten gesprochen, die die ARD intern kennen. Aber auch Loriots Rat "man solle erst mal unterschreiben und sich dann nicht daran halten", konnte Jauch offenbar nicht mehr zu einem Vertragsschluss mit der ARD bewegen.
Die bereits bekannten Gründe: Die ARD habe ihn "journalistisch mit Haut und Haaren vereinnahmen" wollen, sprich eine weitere journalistische Sendung geben und die Arbeit für andere Sender untersagen wollen. Zudem störte Jauch, dass der Polittalk in den Bereich Information wechseln sollte. "Das hätte bedeutet, dass sich regelmäßig zehn ARD-Chefredakteure über jeden Satz von mir oder meinen Gästen gebeugt hätten. (...) Ich wäre da nur noch hin- und hergeschubst worden als Spielball aller möglichen absurden Interessen", so Jauch.
Er habe bei der ARD unter Aufsicht gestellt werden sollen wie in grauer Vorzeit, ist Jauch überzeugt. Dahingegen findet er für seinen jetzigen und künftigen Sender RTL lobende Worte: "Auch RTL ist eine attraktive Frau, manchmal mit etwas zu knappem Rock oder zu viel Rouge auf den Wangen. Aber die lässt mich wenigstens frei arbeiten." Auch dass RTL Jauch gehen ließ, verdiene seinen Respekt. "Der Sender zeigte Grandezza", so Jauch.
Das Thema politische Talkshow sei jetzt jedenfalls abgehakt, sein Interesse habe sich auf den Sendetermin Sonntag, 21:45 Uhr im öffentlich-rechtlichen Fernsehen beschränkt. Das Scheitern sei eine Niederlage für beide Seiten. "Keiner der Beteiligten konnte seine Ziele erreichen. Auch ich habe verloren."