Über Nacht entstand Aufregung im deutschsprachigen Internet: Der Twitter-Account des ZDF-Magazins „Frontal“ war deaktiviert und die Meinung dazu war oftmals gebildet, bevor die Fakten bekannt waren: Die Sperre wurde in den Zusammenhang mit kritischer Berichterstattung über von Russland aus der Ukraine verschleppte Kinder gesetzt. Tausendfache Retweets diverser Twitter-Accounts vervielfältigen den hergestellten Zusammenhang - und auch diverse Medienberichte hingen ihre Berichterstattung daran auf.
Dabei konnte schon in der Nacht zu Mittwoch Marco Bereth, der einst als Jugendlicher zusammen mit Michael Umlandt das ZDF überhaupt erst zu Twitter brachte und heute Social-Media-Redakteur im Sender ist, ein Indiz für die Deaktivierung des Accounts geben. „Twitter war heute Mittag auf einmal der Meinung, der Accountinhaber sei unter 13 Jahre alt. Sind dran", twitterte er am Dienstagabend um 23:47 Uhr. Eine nüchterne Information, die im Gegensatz zum insinuierten Zusammenhang mit einer Sperrung aufgrund ungewünschter Berichterstattung, allerdings nur vier Retweets und zehn Likes erhielt.
Doch was sagt der Sender dazu? Auf eine DWDL.de-Anfrage beim ZDF erklärt ein Sendersprecher am Mittwochmittag, man habe noch keine Kenntnis über den Grund der Deaktivierung des Accounts. Erkenntnisreicher ist wenig später die Information der „Frontal“-Redaktion auf Twitter selbst, als der Account und kurz darauf auch die bisherigen Follower wieder hergestellt sind. „Wir sind wieder da! Wundern uns zwar weiter, warum Twitter uns plötzlich für 'minderjährig' hält und einen Ausweis zur Account-Verifizierung verlangt“, heißt es einem Tweet, der auch nochmal den vermeintlich für die Sperre verantwortlichen Beitrag verlinkt.
Dass eine Altersverifikation verlangt wurde, ist auch deshalb irritierend, weil der Twitter-Account von "Frontal" zuvor schon den - nach derzeitiger Laune von Twitter-CEO Elon Musk - für Unternehmen vorgesehenen goldenen Haken erhalten hatte. Ob die Altersüberprüfung trotzdem von gehäufter Meldung durch z.B. russischen Bots erfolgte, ist denkbar, aber unklar und unbestätigt. Für das ZDF dürfte der Vorfall nur noch einmal die Bedeutung des Forschungsprojekts „Public Spaces Incubator“ unterstreichen, mit dem das ZDF und weitere öffentlich-rechtliche Anstalten aus der Schweiz, Belgien und Kanada neue Möglichkeiten des offenen Dialogs im Netz abseits der Kontrolle von Tech-Firmen des Silicon Valley erörtern wollen.