Ob sich der zurückgekehrte Disney-CEO Bob Iger die nun vor ihm liegenden Aufgaben einfacher vorgestellt hätte, ist nicht überliefert. Angesichts tiefroter Zahlen im Streaming-Bereich muss der Chef des traditionsreichen Unternehmens aber den ein oder anderen Kurs ändern – und will sein Haus gewissermaßen wieder etwas traditioneller aufstellen. Der Reihe nach: Es gilt Antworten zu finden auf die konkrete Ausrichtung des weiterhin Geld fressenden Disney+; der Streamer hat nun in den letzten drei Monaten des Jahres 2022 2,4 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten verloren.
Erstmals seit 2020 steht somit wieder ein Minus bei den Abos des Dienstes. Getrieben wurde dieser Verlust hauptsächlich vom Streaming-Geschäft in Indien und Südostasien. Rund eine Milliarde US-Dollar Betriebsverlust wurden im Bereich des Direct-to-Consumer-Business ermittelt. Schon in den Tagen vor der Bekanntgabe dieser Zahlen war in diversen Medien spekuliert worden, dass Iger die Disney-Strategie dahingehend ändert, dass Kinos wieder längere Exklusiv-Zeiträume erhalten (wichtige Inhalte entsprechend also später zu Disney+ kommen) und möglicherweise manche Inhalte auch wieder an andere Unternehmen lizensiert werden.
Iger kündigte nun in der Tat eine "signifikante Transformation" an – auch von "Potentialmaximierung" war in der etwas schwammigen Formulierung die Rede. Es sollen Abläufe rund um die Kreativität umgestaltet werden, insbesondere aber sollen auch die Kosten sinken. Von Einsparungen im Bereich um 5,5 Milliarden US-Dollar ist die Rede. Wie geht das? 7000 Arbeitsplätze sollen gestrichen werden, das entspricht etwa drei Prozent der Disney-Belegschaft. Iger schloss auch nicht aus, dass es programmliche Kürzungen geben werde. Alles werde man unter die Lupe nehmen, weil "die Dinge in einer wettbewerbsintensiveren Welt einfach teurer geworden sind."
Zum Konzernumbau unter Iger gehören nicht nur Stellenstreichungen, sondern auch eine neue Struktur. So soll Disney fortan aus drei Kernbereichen bestehen. Disney Entertainment, dessen Chefs Dana Walden und Alan Bergman sind – zum Bereich gehören die weltweiten Produktionsbetriebe für Film- und Fernsehinhalte, Marvel Studios, Pixar, Disney+, Hulu, ABC, Disney Channel. Hier nicht inkludiert sind die ESPN-Sender und -Angebote, um die sich Jimmy Pitaro kümmern soll. Josh D'Amaro widmet sich derweil den Freizeitparks. Wegfallen wird indes die 2020 von Iger-Vorgänger Bob Chapek gegründete Einheit Disney Media und Entertainment Distribution.
Grundsätzlich steht Disney wirtschaftlich aber weiterhin gut da. Wohl auch deshalb sprach Iger im Generellen von einem "soliden" Quartal – bei Disneys klassischen Fernsehsendern sank der Umsatz um fünf Prozent auf etwas mehr als sieben Milliarden US-Dollar. Der Gesamtumsatz aller Disney-Aktivitäten lag in den letzten drei Monaten 2022 bei rund 23,5 Milliarden US-Dollar (+8%) – Analystenerwartungen wurden damit leicht übertroffen. Nicht aber die von manchem Großaktionär. Wie US-Medien melden, gibt es aus diesem Bereich Forderungen, Disney möge eben noch mehr Gewinne abwerfen. Und in dieser Sache ist dann eben eine radikale Verbesserung bei der verlustreichen Streamingsparte die naheliegende Schraube, an der gedreht werden kann. Nicht ausgeschlossen ist, dass Disney+ (in Amerika) nun noch teurer wird. Iger verwies nämlich darauf, dass auf eine im Dezember erfolgte Preiserhöhung (von rund acht auf rund elf US-Dollar für den werbefreien Dienst) nur zu einem minimalen Verlust an Abos geführt habe. "Das sagt uns etwas."