Bei Frontalkritik an den Öffentlich-Rechtlichen haben ARD, ZDF und Deutschlandradio in der Vergangenheit meist solidarisch Seite an Seite argumentiert. Je radikaler der Angriff, desto einfacher die gemeinsame Verteidigung über den hohen Wert des Öffentlich-Rechtlichen an sich. Auch im Alltag gab es, abgesehen von gelegentlichen Nickligkeiten, vereinzelten Personalwechseln und mancher gegenseitiger Spitze, selten eine Zwietracht zwischen ARD und ZDF - ganz so als sei das Konstrukt des Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland eine Einheit für sich.

Doch der Skandal um die ehemalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger führt inzwischen zu Rissen in der Einheit, weil die Kritik der neu entflammten Debatte über Strukturen der Öffentlich-Rechtlichen stärker ins Detail geht. Noch dazu hat WDR-Intendant Tom Buhrow mit seiner Hamburger Rede den Skandal innerhalb der ARD zum Anlass genommen, ohne Denkverbote eine Grundsatzdebatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an sich - und damit über die ARD hinaus - zu führen. Doch in Mainz will man sich den Schuh nicht anziehen, sieht die ARD in der Pflicht, wie ZDF-Intendant Norbert Himmler im Interview mit dem Medienmagazin DWDL.de verdeutlicht.

"Wenn ich mir anschaue, was die Rundfunkkommission der Länder als wichtige Kernaufgaben der Zukunft herausgearbeitet hat, dann stehen dort die Begriffe Governance und Compliance oben auf der Agenda", sagt Himmler. "Mit Blick auf diese Themen sehe ich das ZDF spätestens seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil 2015 und dem neuen Rundfunkstaatsvertrag sehr gut aufgestellt. Wir haben eine funktionsfähige Aufsicht, die Kontrolle ist eng und transparent inklusive des öffentlichen Livestreams der Fernsehratssitzungen."

Neben der Frage von Führung und Kontrolle wird auch über die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunk diskutiert. Auch hier lässt ZDF-Intendant keinen Zweifel daran, wer aus seiner Sicht Handlungsbedarf hat. "Wenn es um die Strukturen geht, halte ich das für eine Frage, die sich in erster Linie an die ARD richtet", sagt Norbert Himmler im DWDL-Interview. "Das ZDF als nationaler Sender erfüllt seinen Auftrag mit hoher Effizienz, daher ist die Forderung nach dem Abbau von Doppelstrukturen sicher nicht an uns gerichtet."

Sein Beispiel: "Wenn die ARD sagt, dass sie 100 Millionen Euro einsparen könne, wenn man im Jahr 2023 endlich die SAP-Systeme innerhalb der ARD harmonisiere, dann kann ich nur sagen: Das ZDF kann da nichts einsparen, weil unsere Systeme seit Jahren funktionieren und die Verwaltung schon einheitlich und schlank aufgestellt ist."

Man habe die eigene Effizienz schon bewiesen, so Norbert Himmler. "Trotz Beitragsstabilität in den letzten zehn Jahren haben wir uns stetig weiterentwickelt und die Herausforderungen angenommen. Wir haben uns modernisiert und im Angebot diversifiziert. Wir haben eine moderne Mediathek, ZDFneo und ZDFinfo gestärkt und zusammen mit der ARD auch Funk erfolgreich etabliert, also neue Ausspielwege bedient. Gleichzeitig ist das ZDF unverändert meistgesehener Fernsehsender in Deutschland."

Parallel habe man in der Corona-Pandemie und auch jetzt bei inflationsbedingten Mehrkosten als Partner der Produzentenlandschaft Mehrkosten geschultert. Auch das seien Mehrkosten, die man ohne Ausgleich gestemmt habe. "Das sind Aspekte, die mir in der öffentlichen Bewertung oft zu kurz kommen und leider zu selten Anerkennung bekommen", sagt ZDF-Intendant Norbert Himmler und ergänzt: "Deswegen sage ich mit Selbstbewusstsein: Es gibt keinen Grund ein funktionsfähiges, effizientes und erfolgreiches System zu beschädigen."

Das gesamte Wortlaut-Interview mit ZDF-Intendant Norbert Himmler über den Umbau des Senders, Grenzen kommerzieller Aktivitäten, eine neue Social Media-Initiative, die Debatte über die Öffentlich-Rechtlichen und programmliche Veränderungen, um neue Zielgruppen anzusprechen, lesen Sie hier.