Zum 1. Januar übernimmt Kai Gniffke das Amt des ARD-Vorsitzenden. Nicht zuletzt von ihm wird es abhängen, in welche Richtung sich der zuletzt stark in die Kritik geratene öffentlich-rechtliche Senderverbund entwickeln wird. Man wird also besonders genau hinhören, wenn der SWR-Intendant in den kommenden beiden Jahren das Wort ergreifen wird. Die Worte, die Gniffke jüngst in einem "Spiegel"-Interview wählte, stoßen allerdings vielen in der ARD sauer auf.
Mit Blick auf die beginnenden Pläne, den Spartensender One einzustellen, sagte Gniffke: "Ich weiß jetzt schon, dass die Betroffenen jaulen und quieken werden, um das zu verhindern." Und über die Idee, dass nicht mehr jeder Sender noch 24 Stunden am Tag eine eigene Kulturwelle betreiben wird, erklärte er: "Wenn wir das tun, wird es Halligalli geben. Trotzdem werden wir das durchziehen."
Die Gewerkschaft ver.di im WDR hat Gniffke für seine Aussagen nun scharf kritisiert. "Wir empfinden Gniffkes Wortwahl als unangebracht und abstoßend", schrieb die Gewerkschaft. "Gniffke setzt ARD-Beschäftigte mit Hunden und Schweinen gleich - und entmenschlicht sie." Er schade Kolleginnen und Kollegen, die in der nächsten Zeit Umstrukturierungsprozesse umsetzen und begleiten müssten. "Ihre Expertise, ihr konstruktiver Widerspruch - nur 'Jaulen und Quieken'?", fragt ver.di.
Die Gewerkschaft stört sich zudem an Gniffkes Aussage, wonach die ARD "bestimmt kein Spartensender für Misanthropen" werde, "der sich allein auf Klimakatastrophe, Rentendesaster und Kriegsgebiete konzentriert". Auf diese Weise mache er "eine unseren wichtigsten Kernkompetenzen schlecht", findet ver.di, nämlich: "Den unabhängigen Journalismus, der auf Verwerfungen, Korruption und Gefahren hinweist. Und noch dazu nimmt er sich heraus, das interessierte Publikum als menschenfeindlich abzuwerten."
"Wenn ein ARD-Vorsitzender kritischen und seriösen Journalismus nicht schätzt, wie sollen es dann die Bürger tun?", heißt es in der ver.di-Mitteilung weiter. Zugleich findet es ver.di "befremdlich", dass Gniffke den Kampf gegen Korrpution "mittels Sprücherei" als erledigt erklärt. "Compliance, Transparenz und eine gestärkte Aufsicht kann man nicht erledigen. Es sind Prozesse, die dauerhaft kontrolliert und umgesetzt werden müssen", so die Gewerkschaft. Gniffke hatte im "Spiegel" gesagt: "Compliance? Done! Transparenz? Done! Aufsicht stärken? Done!"
Abschließend erklärt ver.di: "Sprücheklopferei, Entgleisungen und ungeschickte Vergleiche taugen unserer Meinung nach nicht als Antworten auf Journalistenfragen zur Zukunft der ARD." Man erwarte stattdessen "konstruktive Vorschläge, professionelles Auftreten und Augenhöhe" gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Nutzerinnen und Nutzern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Kritik hatte zuvor schon Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbands (DJV), mit Blick auf die "Jaulen und quieken"-Aussage geäußert. Auf Twitter schrieb Überall: "Sehen Sie ernsthaft Ihre Mitarbeitenden als Tiere?! Ich bin fassungslos."
"Andere Begriffe wären besser gewesen"
Kai Gniffke hat sich derweil in einem Blogeintrag zur Kritik geäußert. "Ich habe das Interview mit Leidenschaft geführt. Leidenschaft für Journalismus, Leidenschaft für die Arbeit, mit der so viele Kolleginnen und Kollegen der ARD exzellentes Programm machen", schrieb er darin. "Ich bemühe mich immer um eine bildhafte Sprache. Eine Sprache, die ein wenig anders klingt als man es von der ARD gewohnt ist und die mich an manchen Punkten angreifbar macht."
Im Transformationsprojekt sei man im SWR und in der ARD schon weit gekommen, "dank der Arbeit, dem Mut und der Veränderungsbereitschaft unserer Mitarbeitenden", so Gniffke. Und weiter: "So wollen wir gemeinsam weitermachen. Die Reibungen, die wir dabei mit der Gesellschaft, mit unseren Gremien, mit der Medienpolitik haben werden, habe ich mit 'Halligalli', 'Quieken', 'Jaulen' umschrieben. Andere Begriffe wären besser gewesen. Wichtig ist mir aber: Wir schaffen diese Transformation nur gemeinsam mit allen Mitarbeitenden - egal, wie groß der Gegenwind sein wird. Nur gemeinsam lässt sich das durchziehen."