Die Medienholding Media for Europe (MFE), die sich in den Händen der Familie Berlusconi befindet, hat am Montag gegenüber der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) angezeigt, dass man "nunmehr plane", die derzeitige Beteiligung von ProSiebenSat.1 durch Transaktionen auf bis zu 29,9 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte zu erhöhen. Das hat die BLM mitgeteilt. Seit März hatte MFE die Beteiligung an dem Medienkonzern nur geringfügig auf derzeit 22,72 Prozent des Grundkapitals verändert.
Schon damals hatte MFE angezeigt, dass man beabsichtige, den Anteil an ProSiebenSat.1 auf "über 25 Prozent" zu erhöhen. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) der Medienanstalten hatte diese Anzeige unter medienkonzentrations-rechtlichen Gesichtspunkten untersucht. Nach einer jüngsten Entscheidung liegen bei dem derzeitigen Beteiligungsanteil nach Auffassung der Medienhüter keine Anhaltspunkte für einen der Beherrschung vergleichbaren Einfluss von MFE auf die ProSiebenSat.1-Gruppe vor. Die KEK behalte sich aber ausdrücklich vor, "zu einer medienrechtlich anderen Entscheidung zu kommen, sofern die 25-Prozent-Schwelle überschritten werden sollte", heißt es nun.
Vor Überschreitung der Schwelle von 25 Prozent ist Media for Europe verpflichtet, dies bereits vor dem Vollzug den zuständigen Landesmedienanstalten - und durch diese der KEK - rechtzeitig anzuzeigen. "Die heutige Anzeige von MFE bei der BLM zielt offensichtlich darauf ab, diese Verpflichtung nach dem Medienstaatsvertrag zu erfüllen", teilten die bayerischen Medienhüter am Montag mit. "Eine Beteiligungserhöhung auf bis zu 29,9 Prozent des Grundkapitals und der Stimmrechte würde zudem die Frage aufwerfen, ob dadurch ein Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne vorliegt." Die Entscheidung darüber trifft die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Medienanstalten.
Bereits am Wochenende hatten mögliche Übernahmepläne für Aufsehen in der Branche gesorgt. Auslöser war die Anmeldung einer "faktisch alleinigen Kontrolle" bei der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde (DWDL.de berichtete). Politikerinnen und Politiker zahlreicher Parteien zeigten sich besorgt. Sie fände das Vorhaben "befremdlich", sagte etwa die CDU-Wirtschaftssprecherin Julia Klöckner gegenüber "Bild". Thomas Hacker, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP, erklärte: "Schädlich für den Medienstandort Deutschland wäre es, wenn MFE den Sendern eine politische Agenda verordnen würde, die mit unseren medienpolitischen und rechtlichen Voraussetzung kollidiert. Die Politik kann und muss dann entgegensteuern, wenn es notwendig ist."
Erklärtes Ziel von MFE ist es, andere TV-Gruppen zusammenzuschließen und eine internationale Holding zu gründen, die die wichtigsten europäischen Fernsehsender vereint. Die Verantwortlichen von ProSiebenSat.1, allen voran der frühere Vorstandavorsitzende Rainer Beaujean, hatten sich in der Vergangenheit mehrfach kritisch dazu geäußert. Dessen Nachfolger Bert Habets hatte im November bei einem Pressegespräch erklärt: Wenn MFE das Gespräch suchen werde, sei er offen dafür. Am vergangenen Wochenende äußerte sich ProSiebenSat.1 nicht zu den jüngsten Vorgängen.