Noch rund zwei Wochen lang ist Tom Buhrow Interimsvorsitzender der ARD, dann übernimmt turnusmäßig Kai Gniffke. Beide haben eine journalistische Vergangenheit bei ARD-aktuell, beide aber haben auch teilweise unterschiedliche Vorstellungen, was die Zukunft der ARD angeht, wie aktuell ein lesenswertes und langes Interview mit dem Nachrichten-Magazin "Spiegel" herausarbeitet. An nicht nur einer Stelle widersprechen sich die beiden Fernsehmanager: Da sagt etwa Tom Buhrow "Das sehe ich tatsächlich etwas anders, Kai" oder Gniffke erklärt "ich habe diesen Eindruck nicht", als Buhrow die Vermutung äußert, dass es bei der ARD künftig nicht ohne Schrumpfen gehen werde.
Beschwerden und Aufregung sieht er deshalb schon jetzt auf sich zukommen, erklärt aber auch direkt: "Schon die Leute in meinem Alter nutzen ihr Smartphone häufiger als den Fernseher. Inzwischen kapiert jeder, dass wir das tun müssen, wenn wir uns nicht von Techkonzernen abhängig machen wollen." Vor diesem Hintergrund sei am Dienstag beschlossen worden, dass die ARD 2023 einen linearen Kanal einstellen werde. Nicht wenig deutet daraufhin, dass dies One sein wird.
Im Schrumpfen per se, das wiederholt Gniffke immer wieder, sieht er aber kein Allheilmittel. "In Zeiten, in denen Elon Musk und chinesische Algorithmen entscheiden, was wir bei Twitter und TikTok zu sehen bekommen, braucht die Gesellschaft einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk", unterstreicht der künftige ARD-Vorsitzende und stellt offen die Frage, wo künftig Meinungsbildung stattfinden solle. Bei Amazon und TikTok und Spotify? Oder auf einer deutschen Plattform? "Ich möchte, dass wir dieser mediale Marktplatz werden. Uns geht es um die Zukunft des Journalismus", so Gniffke.
Einig sind sich beide, dass zuletzt gute Arbeit beim Löschen der Brandherde beim RBB und NDR geleistet wurde. "Wir haben viel Anlass zur Kritik gegeben und Stürme der Entrüstung ausgelöst. Aber wir haben seitdem viel geschafft. Compliance? Done! Transparenz? Done! Aufsicht stärken? Done!", sagt Gniffke, während es Buhrow in der Belegschaft nicht zuletzt wegen der Arbeitsverdichtung noch rumoren höre. Auch deshalb müsse besprochen werden, "was wir weglassen".