Im Hessischen Rundfunk (HR) sorgt eine Personalentscheidung seit einigen Tagen für Aufregung. Konkret geht es um Nina Pater, die bislang als Crossmediale Managerin Video für die "Hessenschau" im HR Fernsehen, das Boulevardmagazin "Maintower" und diverse YouTube-Kanäle zuständig war und die sogenannte "Hessen-Unit" nun überraschend verlässt. Die Einführung dieser Unit war 2018 die erste der großen Strukturveränderungen im HR. Warum genau Pater, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als gleichermaßen empathisch und Frau klarer Worte bezeichnet wird, ihren Posten räumt, ist ebenso unklar wie die Frage, welche Position sie fortan übernehmen wird.
Intern ist etwas ominös von einem "Webfehler" in der Aufgabenverteilung des Führungsteams die Rede. Und so drängt sich die Frage auf: Kam es innerhalb des Führungsteams zu Unstimmigkeiten? Gegenüber DWDL.de bestätigte ein HR-Sprecher zumindest die Personalie. "Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um die bisherige Aufstellung des Programmbereichs zu verändern", heißt es von Seiten des Senders - offen bleibt allerdings, warum der Zeitpunkt aus Sicht des HR gut ist. Stattdessen teilte der Sender mit: "In vielen Gesprächen auch mit der Programmdirektorin Gabriele Holzner ist das Führungsteam zum Schluss gekommen, dass dafür gemeinsame Verantwortung und strategische Entwicklung über Produktteams eine deutlich stärkere Bedeutung bekommen müssen."
Diese "neue Phase", wie sie der HR nennt, beginne mit einer personellen Veränderung, erklärt der Sender - gefolgt von Lob für Pater von Programmdirektorin Gabriele Holzner. "Nina Pater gilt mein größter Respekt. Ich schätze über allen Maßen ihren bedingungslosen Einsatz, die vielen tollen Impulse und die tiefe Identifikation mit den Produkten. Nina wird ihre Fähigkeiten und Kompetenzen in einer anderen verantwortungsvollen Position in den hr einbringen", so Holzner gegenüber DWDL.de. "Jetzt in einen solchen Veränderungsprozess einzusteigen, ist für alle Beteiligte sehr anstrengend. Doch wir sind uns sicher: Es wird sich lohnen. Gerade weil wir als regionaler Kern für die Zukunft des HR entscheidend sind.“
"Bestürzung und Entsetzen"
Das besagte Team, das am Montag nach DWDL.de-Informationen vom restlichen Führungsteam zu einer Fragestunde eingeladen wurde, zeigte sich - freundlich formuliert - wenig angetan von der Entscheidung und reagierte mit einem offenen Brief, der DWDL.de vorliegt. Mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wenden sich darin an die Geschäftsleitung des Hessischen Rundfunks um den neuen Intendanten Florian Hager. Auch dem Personalrat, Rundfunkrat und Verwaltungsrat wurde das Schreiben zur Kenntnis zugestellt. "Mit Bestürzung und Entsetzen" habe man am vergangenen Donnerstag davon erfahren, dass Pater mit sofortiger Wirkung von ihren Aufgaben entbunden worden sei, heißt es darin - verbunden mit mehreren Fragen. So wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa wissen, warum Pater das Vertrauen entzogen wurde und welche inhaltlichen Gründe für eine Abberufung sprechen.
Pater, so die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner habe "in vier Jahren ihrer Führungstätigkeit die 'Hessenschau' von einer starken Fernsehmarke zu einer Dachmarke mitentwickelt, die in allen linearen wie digitalen Kanälen große Zuwächse zu verzeichnen hat". Und weiter: "Nie waren wir so erfolgreich wie heute - und das eben mit und durch Nina Pater. Sie hat aus einer reinen Fernsehredaktion ein multimediales Redaktionsteam geformt, Experimente gewagt, Kurskorrekturen vorgenommen, neue digitale Formate entwickelt - auch gegen Widerstände aus der eigenen Redaktion. Denn wie keine andere versteht es Nina Pater, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Wandel zu motivieren, sie zu Weiterbildungen und neuen Wegen zu ermuntern. Sie steht hinter und vor ihrem Team in unvergleichlicher Weise. Sie ist durchsetzungsfähig mit einem klaren Kurs und ist bereit, Argumente zu hören und Ideen aufzunehmen und diese auch zu verwerfen, wenn es bessere Vorschläge gibt."
Es sei "unbegreiflich, dass mit Nina Pater ausgerechnet die Führungskraft, die sehr stark für die crossmediale Idee der Hessen-Unit gebrannt und den Transformationsprozess hin zum Digitalen mitgetragen hat, nun gehen soll". Das Signal dieser Personalentscheidung sei "verheerend", so die Aussage in dem Offenen Brief. "Wer etwas wagt, seine Meinung konsequent äußert und sich einsetzt für den Hessischen Rundfunk und seine größte Marke 'Hessenschau', der wird abserviert".
Gleichzeitig sehen die mehr als 100 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner das Vertrauen, auch in die Geschäftsleitung, als "massiv beschädigt" an. Weiter heißt es: "Wir fordern daher, diese Personalentscheidung zu überdenken und stattdessen das gesamte Führungsteam der Hessen-Unit auf den Prüfstand zu stellen. Die Schwächen und die kaum sichtbare Veränderung von Prozessen und Workflows im Programmbereich Hesseninformation hat aus unserer Sicht keinesfalls Nina Pater zu verantworten." Erwartet werden nun Antworten, die die Geschäftsleitung bis Donnerstag liefern soll. Geben könnte es diese sogar schon am Mittwochvormittag: Für diesen Termin haben Intendant Florian Hager und Programmdirektorin Gabriele Holzner zum Austausch eingeladen.