Es wird also doch nichts mit der heimlich von einigen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen in Köln-Deutz erhofften Rückkehr von Bernd Reichart zu RTL Deutschland: Mit einem großen „Bild“-Interview (Mittwochsausgabe) verrät der langjährige TV-Manager sein neues Projekt - und es gibt mit Sicherheit leichtere Aufgaben. Anderthalb Jahre nach dem gescheiterten Versuch einiger Top-Vereine, eine neue Super League in Europa zu etablieren, gibt es einen neuen Anlauf, diesmal organisiert von der neuen Sport-Agentur A22 Sports Management mit Sitz in Madrid, zu deren Geschäftsführer Bernd Reichart berufen wurde.

„Ich bin an Bord gekommen, um einen offenen Dialog über die Zukunft des europäischen Klub-Fußballs zu starten“, erklärt er im Gespräch mit der „Bild“ und macht keinen Hehl daraus, dass der erste Vorstoß im April 2021 „klare Schwachstellen“ gehabt habe. Alle Beteiligten hätten dazu gelernt. Absicht des Vereine bleibe weiterhin die Situation des europäischen Klub-Fußballs zu verbessern, weil der sein Potenzial noch nicht ausschöpfe. Laut Reichart sei es möglich einen europäischen Klub-Wettbewerb zu schaffen, der „attraktiver, unterhaltsamer, spannender, gerechter und wirtschaftlicher“ sei. Das sei nötig um die jüngeren Fans nicht zu verlieren.

 

„Anders als vergangenes Jahr liegt kein fertiges Format in der Schublade.“
Bernd Reichart im "Bild"-Interview

 

Reichart wird gut genug wissen: Mehr als diese eine zweite Chance bekommt die von einigen Vereinen gewünschte Super League nicht. Kein Wunder also, dass der schon bei RTL Deutschland für seinen sehr offen kommunikativen und persönlich zurückhaltenden Führungsstil bekannte Manager beim großen Interview-Aufschlag in der „Bild“ andere, bescheidenere Töne anschlägt. „Anders als vergangenes Jahr liegt kein fertiges Format in der Schublade.“ Man wolle den Dialog suchen, ein neues Konzept gemeinsam erwarten. Was es aber geben soll: Auf- und Abstieg, also die Chance für mehr als nur einige wenige Topvereine, mitzuspielen.

Anlass für den zweiten Anlauf der Super League ist auch eine noch ausstehende Klage vor dem Europäischen Gerichtshof mit dem Real Madrid, FC Barcelona und Juventus Turin klären lassen wollen, ob die UEFA ein Monopol auf Klub-Fußball in Europa habe. A22 ist Mitklägerin in dem Verfahren. Im März kommenden Jahres soll es dazu ein rechtkräftiges Urteil geben, das „den europäischen Fußball auf Jahrzehnte beeinflussen“ könnte, glaubt Reichart. Im Sinne seiner neuen Aufgabe lässt er sich im Interview über den Reform-Unwillen der UEFA aus - und argumentiert mit Meinungsfreiheit und offenem Dialog für die aus Sicht der Vereine lukrative Idee der Super League. Sie soll ausdrücklich nicht an der Stellung der nationalen Ligen sägen. 

Für den in Deutschland als TV-Manager bekannten Bernd Reichart ist die neue Aufgabe eine Rückkehr zum Sport, wo seine berufliche Laufbahn 2001 begann als er für die Hamburger Sportmarketing-Agentur Sportfive (zuvor UFA Sports) tätig war und 2003 für das Unternehmen nach Madrid wechselt. Dort kam er 2004 dann  als Unternehmenssprecher zur Gruppe Antena 3 (heute Atresmedia), wurde 2007 dort in die Geschäftsführung berufen. 2013 holte Anke Schäferkordt ihn von den Geschäften der damals spanischen RTL-Tochter zurück nach Deutschland, wo er zunächst Vox-Geschäftsführer wurde und 2019 die Nachfolge von Schäferkordt an der Spitze der Mediengruppe RTL Deutschland antrat. 

Im August letzten Jahres wurde dann sein Abschied bekannt, da sich Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe bei RTL Deutschland eine Doppelspitze aus Stephan Schäfer und Matthias Dang entschied. Als der Rauswurf Stephan Schäfers bekannt wurde, flackerte bei nicht wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die kühne Hoffnung auf, Reichart würde vielleicht zurückkehren. Eine Vermutung, die sich mit dem heutigen Tage zunächst einmal zerschlagen hat. Aber es bleibt auch abzuwarten, wie erfolgreich der jetzt zweite Anlauf, eine europäische Super League zu etablieren, sein wird. Dass die Aufgabe vorrangig eine kommunikative ist und das arrogante Auftreten der Vereine vor anderthalb Jahren maßgeblich für das Scheitern verantwortlich war, ist Reichart offenbar bewusst.

Für die Kommunikation und Beratung der neuen A22 Sports Management hat Reichart mit FGS Global eine international renommierte Agentur engagiert. Partner bei FGS Global ist der ehemalige ProSiebenSat.1-Konzernsprecher Julian Geist. Ebenso am Projekt Super League wirken aber auch der langjährige RTL-Unternehmenssprecher Christian Körner sowie Jan-Oliver Schütz, langjährig bei Bild und dann bei RTL Deutschland als Ressortleiter Nachrichten tätig, mit. 

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Update: Am Mittwochmorgen um 7 Uhr folgte eine Pressemitteilung von A22 Sports Management sowie ein auf Twitter veröffentlichtes Video-Statement. "Der europäische Klubfußball steht aktuell vor einigen schwierigen Herausforderungen, die sich nicht von allein lösen werden", sagt Reichart in der Mitteilung zum Projekt. "Die Präsidenten von Real Madrid und FC Barcelona sowie der Vorsitzende von Juventus Turin haben erst kürzlich ihre Sicht auf die Probleme unseres Sports öffentlich geschildert. Ich bin überzeugt, dass sie die richtigen Fragen stellen. Persönlich freue ich mich darauf, so vielen Menschen wie möglich zuzuhören, damit die europäische Fußballgemeinschaft gemeinsam die richtigen Antworten findet. Ich bin mir sicher, dass der Fußball, den wir alle lieben, profitieren wird, wenn wir gemeinsam einen ehrlichen und offenen Dialog – frei von Zwängen – über eine bessere Zukunft durch eine ernsthafte Reform führen."