Wäre alles nach Plan gelaufen, dann wären die Groupe M6 und TF1 in Frankreich inzwischen eigentlich keine Konkurrenten mehr: Im Mai vergangenen Jahres entscheiden die RTL Group, die mit 48,3 Prozent der Anteile eine Kontrollmehrheit an M6 hält, und die Groupe Bouygues, die die Mehrheit an TF1 hält, die beiden Unternehmen zu fusionieren. Es war Teil der Strategie von RTL-Boss Thomas Rabe, "nationale Champions" zu erschaffen, um mit der internationalen Streaming-Konkurrenz mithalten zu können - und sollte auch als Vorbild für Deutschland dienen, wo Rabe ja von einem Zusammengehen mit ProSiebenSat.1 träumt, wie er regelmäßig in Interviews wissen lässt.
Doch die französischen Kartellbehörden durchkreutzen die Pläne: Weil nach dem Zusammengehen das fusionierte Unternehmen auf dem TV-Markt alles dominieren würde, machten die Wettbewerbshüter zur Auflage, dass entweder der Sender M6 oder der Sender TF1 verkauft werden müsste - was die Idee einer Fusion natürlich ad absurdum führen würde. Mitte September wurde das Vorhaben daher abgesagt. In der Folge habe man mehrere "finanziell Attraktive" Angebote von anderen Interessenten für die Kontroll-Mehrheit an M6 erhalten, teilte die RTL Group mit. Nun habe man sich aber zumindest bis auf weiteres gegen einen Verkauf entschieden.
Die Entscheidung hängt aber offenbar weniger damit zusammen, dass Rabe das wirklich für die beste Lösung hält, stattdessen heißt es in der Mitteilung der RTL Group, man schätze "die rechtlichen Risiken und Unsicherheiten aufgrund des erforderlichen Genehmigungsverfahren der Kartell- und Medienbehörden sowie des Zeitplans für die anstehende Lizenzverlängerung für den Hauptsender M6 als zu hoch ein". Die Lizenz von M6 läuft im Mai aus und muss dann verlängert werden - was nach französischem Recht den Hauptaktionär bis 2028 binden würde. Angesichts des langwierigen Verfahrens bei der geplanten Fusion mit TF1 glaubte man nun also offenbar vor allem nicht, dass ein neues Vorhaben bis dahin abgeschlossen werden könnte.
RTL-Boss Thomas Rabe erklärte nun einmal mehr, dass er die Groupe M6 für "eines der am besten geführten TV-Unternehmen in Europa mit einem exzellenten Managementteam" halte und dass man 2021 ein Rekordbetriebsergebnis erzielt habe - dass es sich also nicht um einen kranken Patienten handle, den man dringend los werden müsse. Gleichwohl bleibt er dabei: "Wir werden unsere Strategie fortsetzen, nationale Mediengruppen aufzubauen, die groß genug sind, um mit den US-Plattformen zu konkurrieren." Man sei sich sicher, dass auch in Frankreich "früher oder später" eine Konsolidierung anstehe. Und dann werde M6 mit seiner starken Präsenz in Radio, TV und Streaming eine "Schlüsselrolle" spielen. Doch angesichts der Lizenzfrage dürfte das nun noch längere Zeit dauern.