Insgesamt ein Jahr lang waren Reporter Felix Hutt und sein Team auf Mallorca unterwegs und haben die düsteren Machenschaften der Insel aufgedeckt, darunter Drogenhandel, Bandenkriege und Korruption. Mit diesen Worten beschreibt RTL die Auftaktfolge der neuen Investigativ-Reihe "Felix Hutt investigativ" mit dem Titel "Rauschgift, Rotlicht, Rocker: Der kriminelle Kampf um unsere Lieblingsinsel Mallorca", die am heutigen Donnerstag läuft. Der Sender spricht von einer tiefgründigen Reportage, die Seiten Mallorcas zeige, die Urlaubern oft verborgen blieben.
Gut vertraut mit dem Thema ist hingegen die Leipziger Journalistin und Produzentin Jana Bernhardt, die vergangenes Jahr für Sat.1 mit der Prinetime-Reportage "Inside Tönnies" Schlagzeilen machte. Sie wundert sich nicht nur über die investigative Recherche des neuen und preisgekrönten RTL-Reporters, sondern versucht auch mit Hilfe einer Anwaltskanzlei RTL nach eigener Ansicht von einer Rechtsverletzung abzuhalten. Der entsprechende Schriftverkehr liegt DWDL.de vor. Was steckt dahinter?
Bernhardt hatte mit ihrer Produktionsfirma Dreh-WG die Investigativ-Reihe "Tamer Bakiner - Der Wahrheitsjäger" entwickelt, die 2019 bei RTL Premiere feierte. Im April 2018 präsentierte sie dem Ressortleiter "Extra, Investigativer Journalismus und Dokumentation" bei der damaligen RTL-Tochter InfoNetwork (heute RTL News) dafür ein Exposé zum Thema "Der Mythos Son Banya - Mallorcas geheimes Drogendorf". Im Mai 2018 folgt die Beauftragung. Recherche und Produktion folgten, doch ausgestrahlt wird der fertige Film nie - aus „Compliance-Gründen“, wie Bernhardt sagt.
Bei Anschlussrecherchen im Mai 2020 wurden zwei lokale Investigativ-Journalisten auf Mallorca aufgetan, einer davon - Lorenzo Marina - könne als Journalist sogar das Dorf betreten, weil er das Vertrauen der dortigen Sinti- und Roma-Clans genießt. Mit ihm drehte Bernhardt persönlich im Juli 2020 ein Interview als Nachtrag für die noch unveröffentlichte RTL-Reportage. Zur Ausstrahlung kam es auch dann nicht, die Kontakte und Quellen der von der Dreh-WG produzierten Reportage waren InfoNetwork so jedoch bekannt, sagt Bernhardt.
Am 21. Juni diesen Jahres drehte die Filmemacherin dann erneut auf Mallorca, wollte einen neuen Anlauf unternehmen, die Geschichte des Drogendorfes Son Banya zu erzählen und traf besagten Lorenzo Marina erneut für ein Interview. Nach Angaben von Jana Bernhardt war dieser verwundert, weil er zuvor von RTL kontaktiert wurde und dachte, dass es sich dabei um die Fortsetzung ihrer Recherche handelte. Bernhardts Vorwurf: Für die Premiere des neuen Investigativ-Formats "Felix Hutt investigativ" bediente man sich des Themas und der von ihr recherchierten Kontakte.
Bei RTL weist man diesen Vorwurf entschieden zurück. Auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de erklärt man, dass die heute ausgestrahlte Folge von „Felix Hutt investigativ“ in Tiefe und Themenauswahl weit über das hinaus gehe, was Bernhardt in ihrem ursprünglichen Beitrag recherchierte. „Die Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage. Die Themen der Sendung beruhen auf eigenen Ideen bzw. komplett eigenständigen Recherchen und Drehs von Felix Hutt und seinem Team“, so eine RTL-Sprecherin auf Anfrage.
Doch Bernhardt sieht sich ihrer Recherche beraubt und hat RTL vor wenigen Wochen bereits über ihren Anwalt dazu kontaktiert. Bei RTL News (ehemals InfoNetwork) äußerte man jedoch perplex Verwunderung darüber und argumentiert: Auf ein einzelnes journalistisches Thema, das sich auch via Google-Suche recherchieren lassen würde, könne Bernhardt doch kaum Urheberrechtsansprüche anmelden. Auf den Vorwurf, RTL würde sich mit fremden Federn schmücken, reagierte man nur ausweichend.
Doch es geht nicht nur ums Drogendorf, also nicht nur um einen Aspekt: In einem am 3. Mai 2018 ausformulierten Expose zu der geplanten RTL-Reportage, welches DWDL.de vorliegt, schildert Bernhardt erste Recherche-Ergebnisse, die zur Mafiahochburg Mega Park führen. Sie skizziert ausführlicher die möglichen Ansatzpunkte ("Tamer hat hier die Chance, einen Ring zu sprengen") und Verknüpfungspunkte mit dem Drogendorf Son Banya.
"Seine Recherchen führen Felix Hutt unter anderem zu Mallorcas Partymeile schlechthin: dem Ballermann", heißt es in der Ankündigung von RTL zur Auftaktfolge von "Felix Hutt investgativ". Ohne den Film zu kennen, vermutet die Produzentin Jana Bernhardt, dass man sich hier an ihrem Expose bedient hat und es ausgibt als wäre es eine investigative Leistung, Kontaktpersonen und Gesprächspartner aufgetan zu haben. Ein Umstand, den RTL mit Verweis auf die lange Recherche von Hutt und seinem Team auf Mallorca zurückweist.
Anspruch auf Urheberschaft vermeidet Bernhardt, sieht sich aber ihrer Recherchen beraubt. Die Stimmung ist jedenfalls vergiftet, wie im Zuge der Auseinandersetzung der Anwälte beider Seiten in den vergangenen Wochen deutlich wird. Im Eifer des Gefechts in dem Jana Bernhardt in den vergangenen Wochen die angekündigte Ausstrahlung von "Felix Hutt investigativ" monierte, rutschte RTL-Juristen in einem verschickten Schreiben an die Produzentin mit noch lesbaren Korrekturanmerkungen der Satz heraus: "Das würde ich nicht schreiben, sonst sagt sie noch, dass wir siee regelrecht dazu aufgefordert haben, so blöd wie die ist!!!"
Bernhardt sieht das beispielhaft für den Umgang von RTL News mit externen Journalistinnen und Journalisten. Sie sorge sich, dass RTL sich weiter Ideen pitchen lassen könnte - um sie dann lieber intern selbst umzusetzen. Um eine Klärung dieser Praxis geht es ihr, betont sie gegenüber DWDL.de. Beim Sender weist man auch diesen harten Vorwurf entschieden zurück. "Felix Hutt investigativ" widme sich, wie am Abend für alle einsehbar sei, weit mehr Themen und beruhe auf einem Vorschlag Hutts, der 2006 erstmals von dem Drogendorf gelesen habe und dies als einen Teil des Films, der sich umfänglich Mallorca nach der Pandemie widmen soll, vorgeschlagen habe.
RTL zeigt die erste Folge von "Felix Hutt investigativ" am Donnerstagabend um 20.15 Uhr