Schon über viereinhalb Stunden zieht sich am Montag die Sondersitzung des Hauptausschusses des brandenburgischen Landtages zur RBB-Affäre – und nachdem beim ersten Mal kein einziger Vertreter des RBB oder seiner Kontrollorgane erschienen war, war deren Bank nun gut gefüllt. Erhellend waren dabei vor allen Dingen die Auskünfte von Dorette König, die nach dem Rücktritt von Wolf-Dieter Wolf derzeit dem RBB-Verwaltungsrat vorsteht.
Denn der Verwaltungsrat ist schließlich das zuständige Gremium, das laut RBB-Staatsvertrag für die Überwachung der Geschäftsführung der Intendantin mit Ausnahme der inhaltlichen Gestaltung der Angebote zuständig ist. Sieben Mitglieder gehören diesem Gremium an - und alle übernehmen sie diese Aufgabe nur ehrenamtlich, gehen also hauptberuflich einer anderen Tätigkeit nach. Und hier liegt auch schon das große Problem.
Denn um die fraglos komplexen Aufgaben trotzdem ehrenamtlich wahrnehmen zu können, habe es eine Arbeitsaufteilung nach dem Ressortprinzip gegeben, jeder sei also allein für einen bestimmten Bereich zuständig gewesen. Dies habe dem Einzelnen sehr viele Freiheiten gegeben - und setzte gegenseitiges Vertrauen der Mitglieder des Verwaltungsrates ineinander voraus. Doch wo, wenn nicht in einem Kontrollorgan sollte das Prinzip gelten: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser?
König räumte jedenfalls ein, dass etliche Entscheidungen nur auf Basis eines mündlichen Vortrags des jeweils zuständigen Verwaltungsratsmitglieds getroffen worden seien, ohne dass allen die schriftlichen Unterlagen vorlagen - und dieses Mitglied war in vielen der nun besonders kritisierten Fälle der inzwischen zurückgetretene Vorsitzende Wolf-Dieter Wolf persönlich. Er war es beispielsweise allein, der den Dienstvertrag mit der Intendantin aushandelte, er war es allein, der die Zielvereinbarung aufsetzte, auf Basis derer dann die "variable Gehaltsbestandteile" - über die häufig als Bonus diskutiert wird - festgelegt wurden. Wolf hätte regelmäßig darüber berichterstatten sollen, kam dem jedoch offenbar nicht ausreichend nach - und damit durch. Kurios: Bis heute liegt König diese Zielvereinbarung gar nicht vor.
Doch nicht nur an dieser Stelle fehlte völlig eine wirksame Kontrolle: Als Intendantin musste sich Schlesinger viele Ausgaben, Reisen oder auch die diskutierten Geschäftsessen nicht genehmigen lassen. "Im Regelwerk des RBB ist kein 4-Augen-Prinzip für die Intendantin verankert", machte der nun amtierende Intendant Brandstäter deutlich. Auch als Verwaltungschef habe er weder Kreditkartenabrechnungen noch von Abendessen Schlesingers gewusst. Brandstäter hat nun aber zumindest eingeführt, dass alle seine Anträge und Abrechnungen als amtierender Intendant von einem weiteren Geschäftsleitungsmitglied gegengezeichnet wurden. Doch auch hier stellt sich die Frage: Wie kann es sein, dass dieser eklatante Kontroll-Mangel erst jetzt auffiel?
Wolf war es auch, der innerhalb des Gremiums Berichterstatter zum Thema Digitales Medienhaus zuständig war. Das ist ziemlich viel Macht für eine Person, die als Immobilienunternehmer und bestens vernetzte Person in Berlin zwar Kompetenzen mitbringt, aber auch zwangsläufig in Interessenkonflikte geraten muss. Dass im Kontrollgremium nur ihm alle Unterlagen vorlagen, kann kaum als effektive Kontrolle durchgehen.
Apropos Medienhaus: Die zuletzt kolportierte Kostensteigerung auf 185 Millionen Euro war bislang im Verwaltungsrat kein Thema, die zuletzt dort diskutierte Konstenschätzung lag dort im März bei 125 Millionen Euro - und auch diese Summe sei schon sehr kritisch diskutiert worden, so König. Einer Steigerung auf 185 Millionen Euro hätte man demnach aus ihrer Sicht nicht zugestimmt - und auch Brandstäter räumte ein, dass es sehr schwer wäre, eine solche Summe zu stemmen. Es scheint also fraglicher denn je, ob dieses Prestigeprojekt noch umgesetzt werden wird, auch wenn schon mehrere Millionen für Beratung ausgegeben wurden.
Ob dabei alles mit rechten Dingen zuging, ist Teil der Compliance-Untersuchung. Doch abseits der konkreten Aufarbeitung von möglichem Fehlverhalten von Schlesinger, Wolf oder weiteren führenden RBB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss es mit Blick auf die Zukunft nun dringend auch darum gehen, wirklich wirksame Kontrollmechanismen und -gremien zu etablieren. Dass das mit einem solchen ehrenamtlich zusammengesetzten Gremium nicht möglich ist, scheint nach der heutigen Diskussion offensichtlich - und sollte auch in allen anderen öffentlich-rechltichen Anstalten dazu führen, die Verfasstheit der Kontrollorgane noch einmal zu überprüfen.