Vier Monate nach Vollzug der Fusion von WarnerMedia und Discovery kassiert der neue Konzern-Chef David Zaslav mit seinem maßgeblich aus ehemaligen Discovery-Leuten zusammengestellten Führungsteam frühere strategische Entscheidungen der einstigen WarnerMedia-Führung weiterhin gleich reihenweise ein. Dass man dabei auch nicht davor zurückschreckt, Projekte sogar in letzter Minute oder noch danach abzuschießen, selbst wenn sie schon viel Geld gekostet haben, wurde mit dem Aus von CNN+ binnen vier Wochen und jüngst der Streichung des schon komplett für HBO Max abgedrehten Films "Batgirl" deutlich.
Bei der Vorlage der Quartalszahlen, bei der Warner einen Umsatzrückgang um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal hinnehmen musste und einen Netto-Verlust von 3,4 Millarden US-Dollar ausweist, räumte Zaslav nun auch mit deutlichen Worten mit der bisherigen Streaming-Strategie von WarnerMedia auf. Dort stand - wie bei vielen Konkurrenten - der Ausbau des Abo-Dienstes HBO Max im Mittelpunkt, mit dem man möglichst schnell weltweit angreifen wollte. Auch diverse Filme wollte man erst gar nicht ins Kino bringen, sondern damit lieber den eigenen Streamingdienst stärken.
Zaslav und der fürs Streaming-Geschäft verantwortliche JB Perrette machten nun deutlich, für wie falsch sie diese frühere Entscheidung halten. Das altbewährte Auswertungsmodell mit verschiedenen Fenstern - vom Kino über Einzelabrufe bis zu SVoD und Pay-TV bis Free-TV - ließen den Wert einer Produktion von Schritt zu Schritt steigen, rechnet Zaslav vor. Man setze daher auch weiterhin voll und ganz auf Erstveröffentlichungen im Kino.
Das Streaming-Geschäft bleibt natürlich trotzdem eines der großen Wachstumsfelder - aber auch dort wird die Strategie angepasst. Allein auf bezahlte Abo-Dienste zu setzen, reicht aus Zaslavs Sicht nicht, zusätzlich zu den teureren werbefreien und etwas günstigeren werbe-unterstützten Abos will man auch rein werbefinanzierte und somit für den Nutzer kostenfreie Angebote machen. FAST heißt hier das Schlagwort - also lineare Streaming-Kanäle, wie sie auch andere Anbieter wie Paramounts Pluto TV anbieten.
Es ist eine Reaktion auf die Inflation, die mögliche Rezession und den Krieg - und nicht zuletzt wohl auch auf das schon jetzt nicht mehr allzu euphorische Abo-Wachstum, das man für HBO Max, Discovery+ und HBO vorlegte. Aufgeschlüsselt wurden die Zahlen für die einzelnen Dienste nicht mehr, stattdessen veröffentlichte man nur die Gesamtzahl von 92,1 Millionen bezahlten Abos - das waren zwar 1,7 Millionen mehr als drei Monate zuvor, das Wachstum kam allerdings nur aus der internationalen Expansion. Im US- und kanadischen Heimatmarkt sank die Zahl der Abos hingegen sogar um 300.000. Und international setzt man bislang pro Kunde nur einen Bruchteil dessen um, was in den USA Standard ist.
Mit Blick auf die Zukunft der Streamingdienste steht außer Frage, dass man mittelfristig auf eine einheitliche Marke setzen will, also HBO Max und Discovery+ vereinen wird. Eine Antwort darauf, welche Marke das sein wird, blieb man am Donnerstag aber einstweilen noch schuldig. Aus Sicht von Perrette passen beide Dienste aber bestens zusammen: HBO Max sorge mit seinen hochklassigen Produktionen für viele Abschlüsse - Discovery mit seinem Reality-Programm dann für eine hohe Nutzung - was im Gegenzug die Schwachpunkte des jeweils anderen Dienstes benennt.
Der internationale Rollout des neuen kombinierten Angebots ist geplant, überstürzen will man aber auch das nicht, sondern stattdessen auf Kostendisziplin achten. Daher sind 2023 erstmal nur die USA und Lateinamerika dran, in Europa folgen Anfang 2024 dann die Länder, in denen es heute schon HBO Max gibt - Deutschland ist somit bis auf Weiteres weiterhin außen vor und taucht im Zeitplan bis 2025 auch explizit nicht auf. Hierzulande macht Warner schließlich bislang sehr gute Geschäfte mit der Lizenzierung seiner Inhalte - der HBO-Serien etwa an Sky. Unter Zaslavs Führung dürfte man da sicher noch mehr als einmal nachrechnen, ob das nicht vielleicht dauerhaft die finanziell attraktivere Option ist.