Seit einem halben Jahr sind RTL Deutschland und Gruner+Jahr eins und der Umbau des Unternehmens mit seinen Standorten in Köln und Hamburg schreitet voran. "Gemeinsam wollen wir die Menschen in Deutschland unterhalten, informieren und begeistern", sagten Matthias Dang und Stephan Schäfer, die beiden Co-CEOs von RTL Deutschland anlässlich der Zusammenlegung, die vorsieht, zwei Welten miteinander zu verbinden, die bislang nur wenige Gemeinsamkeiten hatten.

Wie sich die beiden Medien-Manager die Zukunft idealerweise vorstellen, ist inzwischen an gleich mehreren Stellen auch für das Publikum ersichtlich - in Form von Markenverlängerungen im TV-Programm. Seit dem Frühjahr hat RTL drei bekannte G+J-Marken ins Fernsehen geholt oder, wie im Falle von "Stern TV", ihre Präsenz ausgebaut. Die Hoffnung ist simpel: Durch die hohe TV-Reichweiten soll die Wahrnehmung der Print-Produkte gesteigert werden, um so hier wie dort die Werbeerlöse zu steigern.

In der Praxis zeigt sich nun allerdings, dass das gar nicht so einfach ist. Vor allem die Kochshow "Chefkoch TV", die seit März im Vormittagsprogramm von RTL zu sehen ist, tritt aus Quotensicht auf der Stelle. Selten schalteten zuletzt mehr als 300.000 Menschen ein, der durchschnittliche Marktanteil in der für den Marktführer so wichtigen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen liegt - Wiederholungen eingerechnet - bei kläglichen 5,7 Prozent und damit nicht nur weit unter dem Senderschnitt, sondern auch unter den eigenen Erwartungen.

Bei jedem anderen Format hätte RTL vermutlich kurzen Prozess gemacht und die Sendung nach einigen Wochen oder Monaten wieder abgesetzt. Doch ein Rauswurf aus dem Programm fällt mutmaßlich schwerer, wenn es sich um eine Marke handelt, die innerhalb des eigenen Hauses große Strahlkraft besitzt. Die anfängliche Euphorie über die TV-Verlängerung von "Chefkoch" ist angesichts des Quoten-Sinkflugs bei RTL offensichtlich verflogen. Bezeichnend, dass sich der Sender auf DWDL.de-Nachfrage zunächst nicht zur Zukunft des Formats und der zugehörigen Strategie äußern wollte.

Das Beispiel "Chefkoch TV" offenbart damit ein echtes Dilemma für RTL: Der erste Schuss muss sitzen und es reicht nicht aus, über ein vergleichsweise gewöhnliches Format einen bekannten Markennamen zu kleben. Umso wichtiger ist es also, dass das TV-Konzept wirklich zur Marke passt. Im Falle des Promi-Blatts "Gala" ist es schon eher gelungen, sich dem Markenkern anzunähern. Mit einer Mischung aus Talks, Star-Geschichten und Lifestyle-Themen setzt sich der Fernsehableger des Print-Magazins zudem tatsächlich spürbar ab von "Exclusiv", der Jahrzehnte alten Promi-Marke von RTL.

Gala und Stern TV am Sonntag © RTL / Stefan Gregorowius / Guido Engels Ebenfalls in den vergangenen Monaten bei RTL gestartet: "Gala" mit Annika Lau und "Stern TV am Sonntag" mit Dieter Könnes.

Tatsächlich zeigen auch die Quoten der ersten Ausgaben in die richtige Richtung: Knapp eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer in der Spitze und fast zehn Prozent Marktanteil in der Zielgruppe verzeichnete "Gala" seit dem Start im Juni bei RTL. Und auch "Stern TV am Sonntag" konnte nach anfänglichen Schwierigkeiten zuletzt bis zu zwölf Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen erzielen. 

Nach einer kurzen Pause wird die erst im April gestartete Sonntags-Ausgabe von "Stern TV" Anfang August zurückkehren. Das bringt Zeit, um am Format zu arbeiten. "Wir haben versprochen, dass wir die Themen angehen, die uns alle aktuell beschäftigen und sie mit den Menschen besprechen, die wirklich betroffen sind. Das halten wir regelmäßig ein und wir merken, dass unsere Zuschauer das schätzen", sagte Redaktionsleiterin Stephanie McClain jüngst gegenüber "Meedia". "Weniger gut ist es uns bislang gelungen, etwa den heißen Stuhl so oft einzusetzen, wie wir es gerne getan hätte."

Von heute auf morgen wird das nicht gehen. "Mit neuem Konzept, neuem Sendeplatz, neuem Moderator und neuem Team war uns klar, dass wir Zeit brauchen werden, um uns zu finden, viel auszuprobieren und zu lernen", so McClain weiter. Was sie sagt, gilt gewissermaßen auch für all die anderen Markenverlängerungen, an denen sich RTL jüngst versuchte. Eines steht fest: Ein Selbstläufer ist das Unterfangen nicht. Große Print- und Online-Marken sind längst kein Garant für hohe TV-Quoten.