Gleich drei Stunden will Sat.1 künftig mit seiner Sendestrecke "Volles Haus! Sat.1 Live" füllen. Wann es losgeht, steht noch nicht fest, doch als Kernstück der Daytime soll das Format zwischen 16 und 19 Uhr eine Art Wundertüte sein, in der alles passieren kann - bis hin zum Comeback des Dailytalks. "Radikale Erneuerung für radikal bessere Reichweite", sagte Senderchef Daniel Rosemann vor wenigen Wochen bei den Screenforce Days.
Die Strategie, die Sendestrecken vor 16 Uhr zunehmend zu vernachlässigen und im Gegenzug verstärkt in den Vorabend und die Primetime zu investieren, ist durchaus riskant, schließlich ist nicht klar, ob die neue Idee zündet. Noch dazu trennt sich Sat.1 im Zuge dessen von sämtichen Scripted Realitys, die zumindest tagsüber noch zumeist gute Quoten verzeichneten. Erst Dienstag erzielte "Auf Streife - Die Spezialisten" einen Marktanteil von 13,3 Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen, die im Anschluss gezeigte "Klinik am Südring" kratzte ebenfalls an der Zweistelligkeit.
Dass Sat.1 diese und andere Formate fortan nicht mehr beauftragen will, macht nun auch die Konkurrenz hellhörig, allen voran RTLzwei, wo man mit der Produktionsfirma Filmpool bereits ganz konkrete Planungen für eine Fortsetzung der "Klinik am Südring" verfolgt. "Wir bestätigen, dass wir mit Filmpool Entertainment ein neues Klinik-Format für den Nachmittag produzieren", sagte Carlos Zamorano, der bei RTLzwei das Marketing und die Kommunikation verantwortet, am Mittwoch gegenüber DWDL.de.
Und weiter: "Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren, einen Startzeitpunkt geben wir gesondert bekannt. Scripted Reality spielte und spielt eine bedeutende Rolle für RTLzwei – von daher freuen wir uns sehr auf die neue Produktion." Ob die Sendung tatsächlich unter dem Titel "Klinik am Südring" zu sehen sein wird, steht noch nicht fest. Nach DWDL.de-Informationen liegen die Markenrechte hierfür bei Sat.1, wo wohl auch weiterhin Wiederholungen ausgestrahlt werden sollen.
Gleiche Location, gleiches Personal
Klar ist dagegen, dass das künftige RTLzwei-Format, wie zuletzt auch die "Klinik am Südring", in Wegberg an der niederländischen Grenze produziert werden soll. Dorthin war die Produktion vor einiger Zeit verlagert worden, nachdem die ursprünglichen Räumlichkeiten in Hürth bei Köln nicht mehr genutzt werden konnten. Und nicht nur die Location bleibt unverändert: Auch viele der bisherigen Protagonistinnen und Protagonisten sollen nach Möglichkeit übernommen werden.
Eine gute Nachricht ist das vor allem für die Produktionsfirma Filmpool, für die das Aus des Sat.1-Dauerbrenners ein herber Schlag war. "Wir freuen uns, mit RTLzwei einen starken Partner gefunden zu haben und ein neues Klinikformat an den Start zu bringen mit einer Programmfarbe, die bisher sehr erfolgreich im TV lief", so Felix Wesseler, COO bei Filmpool, zu DWDL.de. "Besonders freut uns dabei, dass wir hier einige Top-Talente aus unserer Crew zum Einsatz bringen können."
Ob das Kalkül aufgeht, möglichst viele Fans der Scripted Reality von Sat.1 zu RTLzwei zu locken, bleibt abzuwarten. Doch sollte nur ein Teil der im Schnitt über 800.000 Zuschauerinnen und Zuschauern pro Folge wechseln, könnte RTLzwei seine aktuellen Daytime-Probleme bereits in den Griff bekommen. Dazu kommt, dass ein "Klinik am Südring"-Nachfolger auch ein tendenziell älteres Publikum anspricht - eine Zielgruppe also, die das bislang sehr jung positionierte RTLzwei gut gebrauchen kann, weil tagsüber inzwischen nur noch sehr geringe Reichweiten beim ganz jungen Publikum erzielt werden können.
Doch auch abseits der Daytime versucht sich RTLzwei spürbar an einer etwas älteren Positionierung und setzt auch hierbei mit Neuauflagen von "Glücksrads" und "Genial daneben" auf zwei frühere Sat.1-Formate. Filmpool hat indes auch mit Blick auf RTL Grund zur Freude: Für den Kölner Sender produziert die Firma in diesen Tagen eine neue Gerichtsshow mit Barbara Salesch, die einst ebenfalls das Programm von Sat.1 prägte. Sollte die Konkurrenz mit all dem erfolgreich sein, wird man sich bei Sat.1 die Frage gefallen lassen müssen, warum man nicht selbst auf diese Idee gekommen ist.