Nun also doch: Mathias Döpfner hört als Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsveleger (BDZV) vorzeitig auf. Er werde sein Amt "ab Herbst in geordneter Weise in neue Hände, vorzugsweise auch in neue Strukturen übergeben", erklärte Döpfner, der zugleich Vorstandsvorsitzender von Axel Springer ist, am Dienstag in einer Mitteilung des Verbands. Erst im Herbst 2020 war er für eine zweite Amtszeit gewählt worden, deren Ende eigentlich erst Ende 2024 gewesen wäre.
Döpfner steht seit Monaten in der Kritik, die bis hin zu Rücktrittsforderungen gingen. Doch in diesen Zusammenhang will Döpfner seinen Rückzug nicht sehen. Stattdessen führte er in einem persönlichen Schreiben an die Verbandsmitglieder vor allem die fehlende Zeit als Grund an. So erfordere das Springer-Wachstum in den USA und der Kauf von "Politico" von ihm "deutlich mehr Zeit und Präsenz" in Amerika. Er werde sich daher nicht mehr in der für einen Präsidenten notwendigen Form und Intensität um den Verband engagieren können.
Zum anderen brauche es, um stärker die Interessen kleinerer und mittelgroßer, regionaler und lokaler Verlage zu vertreten, eine Person beziehungsweise Konstellation an der Spitze, die nicht für ein großes, internationales und sehr digitales Verlagshaus stehe. Dies habe in der Vergangenheit immer wieder zu Missverständnissen geführt. "Beispiel Leistungsschutzrecht: Während ich fest überzeugt bin, dass dieses Recht vor allem die kleineren schützt, behaupten manche, es nütze vor allem den großen." Dies sei eine unnötige Ablenkung vom wirklich Wichtigen. Denn "die Erfolgsfähigkeit im digitalen Journalismus ist unser aller Schicksal".
Daher seien nun andere Strukturen mit mehr Repräsentanz der kleinen und mittleren Verlage notwendig, erklärte der BDZV-Präsident weiter. Der Verband habe in den zurückliegenden Jahren viel erreicht. "Darauf können wir stolz sein", führte Döpfner weiter aus. Er sei sehr dankbar für die Unterstützung und Ermutigung, die er in den letzten Monaten und Wochen von den allermeisten Mitgliedern erfahren habe. Sein Appell: "Lassen Sie uns das nächste Kapitel des BDZV in journalistisch wichtiger Zeit fröhlich und mutig gestalten. Es geht um viel. Um weit mehr als wirtschaftliches Wohl."
Döpfner und die "Propaganda-Assistenten"
Dass die Kritik an ihm mit keinem Wort erwähnt wird, wirkt reichlich skurril, immerhin hatte sein Umgang in der Causa Reichelt sowie seine indiskutable Verunglimpfung eines Großteils der Journalisten als "Propaganda-Assistenten" den BZDV in eine Krise gestürzt - mit der Folge, dass die Funke Mediengruppe den Verlegerverband verließ.
Vorausgegangen war dem Streit ein Artikel in der "New York Times", in dem es um Vorwürfe des Machtmissbrauchs gegen den damaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt ging. Zitiert wurde damals auch aus Kurznachrichten Döpfners an den Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre. Döpfner nannte Reichelt darin den letzten und einzigen Journalisten in Deutschland, der noch mutig gegen den "neuen DDR-Obrigkeitsstaat" aufbegehre. Fast alle anderen seien zu "Propaganda Assistenten" geworden.
Auch der Verband selbst hat sich seither nicht mit Ruhm bekleckert. Kurios: Bei einer Sitzung des BDZV im Februar soll die Personalie Döpfner nur eine Randnotiz gewesen. Der Springer-Chef hatte zuvor in einem Schreiben an die Springer-Belegschaft nicht die SMS selbst bedauert, sondern die Auswirkung der Veröffentlichung: "Wenn der Ruf der Branche, des BDZV und insbesondere des Präsidentenamts in dieser Woche hierdurch Schaden genommen haben, bedaure ich dies persönlich zutiefst." Vom Amt des BDZV-Präsidenten wollte er noch im vorigen Herbst nicht zurücktreten. "Wir müssen und wir werden gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, auf die für uns notwendigen medienpolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hinzuwirken", sagte er damals. Nun will ihm dafür plötzlich die Zeit fehlen.