Nach zwei Jahren Corona-Ausnahmezustand kehrt im US-Mediengeschäft in dieserm Frühjahr wieder etwas Normalität ein: In dieser Woche finden in New York City die Upfronts wieder in klassischer Weise statt: Mit großen Präsentationen vor Ort geht es hier darum, potentiellen Werbekunden das Programm der kommenden Season schmackhaft zu machen, woraufhin schon ein beträchtlicher Teil der Werbeverträge abgeschlossen wird. Gab es in den letzten Jahren nur digitale Präsentationen, ist das nun wieder vor Ort möglich. Kommende Woche stehen dann die LA Screenings auf dem Programm, die sich an den internationalen Markt richten.
Doch weil die beiden Corona-Jahren den Medienwandel nur weiter beschleunigt haben, ist trotzdem vieles anders - nicht nur bei den LA Screenings, die kleiner ausfallen als in den Vor-Corona-Jahren, nachdem viele Konzerne inzwischen den Großteil ihrer Produktionen lieber in eigenen Streaming-Diensten verwerten. Sondern auch bei den Upfronts, weil sich das Geschäftsmodell der Konzerne ja auch in den USA deutlich verändert hat. Noch viel stärker als in Deutschland hat sich die Nutzung in den USA weg vom linearen Programm verschoben, der steile Sinkflug der linearen Reicheweiten hält an - und auch bei Network-Formaten ist es inzwschen nicht mehr ungewöhnlich, dass ein Großteil der Nutzung gar nicht mehr auf klassischem linearen Weg stattfindet.
Das führt auch dazu, dass sich die Präsentationen vor Werbekunden natürlich weiter verändern. Fox bricht als erstes der Networks, das seine Pläne veröffentlicht hat, dabei mit einer Tradition und bleibt ein Programmschema für den Herbst - was lange Zeit ein mit Spannung erwartetes Herzstück der Upfronts war - gleich ganz schuldig, zumindest bei der Vorab-Information der Presse. Erklären lässt sich das zum Einen damit, dass das Programmschema in einer zunehmend non-linearen Welt immer unwichtiger wird. Vor allem aber auch damit, dass es dem Network noch nicht gelungen ist, bei zwei seiner erfolgreichsten Serien - "9-1-1" und "The Resident" (hierzulande auch als "Atlanta Medical" bekannt) die Verlängerung um eine weitere Staffel einzutüten. Die wird zwar allgemein erwartet - doch weil Fox nach dem Verkauf seiner Produktionsstudios 20th TV an Disney vom Großteil seiner Serien nicht mehr selbst der Produzent ist, fallen auch diese Verhandlungen eben komplizierter aus und sind noch nicht in trockenen Tüchern.
Dass Fox nicht selbst Produzent war, hat beispielsweise auch einer Comedy-Serie das Genick gebrochen: "Pivoting" von Warner Bros. mit Eliza Coupe, Ginnifer Goodwin und Maggie Q erhält keine zweite Staffel, obwohl die Serie zu den am besten bewerteten Network-Neustarts seit vielen Jahren gehörte mit einer erstaunlichen 100%-Bewertung auf "Rotten Tomatoes" (einer Website, die Reviews von Serien aggregiert). Die lineare Reichweite auf Fox war zwar mau, dafür lief es dem Vernehmen nach auf Hulu sehr gut. Das allerdings hat nicht gereicht - auch, weil Hulu inzwischen ja komplett Disney gehört und der Vertrag mit Fox kommendes Jahr ausläuft, Verlängerung unklar.
Um weitere Staffeln verlängert wurden unterdessen der "9-1-1"-Ableger "Lone Star" sowie die Comedys "Call Me Kat" mit der durch "The Big Bang Theory" berühmt gewordenen Mayim Bialik in der Hauptrolle sowie "Welcome to Flatch". Bei allen anderen Serien waren Entscheidungen schon früher gefallen, etwa dass "The Cleaning Lady" und die animierten Serien "The Simpsons", "Bob's Burgers", "Family Guy", "The Great North" und "Housebroken" weiter gehen werden. Getrennt hat sich Fox hingegen von "The Big Leap" und "Our Kind of People".
Neu ins Programm kommen in der nächsten Season drei Drama-Serien sowie zwei animierte Comedy-Serien - wobei jeweils eine davon eigentlich schon für die gerade zu Ende gehende Season angekündigt worden waren. "Monarch" musste dann allerdings wegen corona-bedingter Produktionsverzögerungen kurzfristig verschoben werden. Nun soll das Multi-Generations-Musikdrama aber endlich starten, dazu kommt mit "Alert" noch ein Cop-Procedural. Bei den animierten Comedy-Serien steht noch die schon letztes Jahr angekündigte Serie "Krapopolis" von Dan Harmon ("Rick and Morty") aus, dazu kommt nun noch "Grimsburg", das auch auf die Zugkraft von Jon Hamm ("Mad Men") setzt. Im Unscripted-Bereich erhält "Lego Masters" einen Promi-Ableger, außerdem baut man die Zusammenarbeit mit Gordon Ramsey aus und startet "Gordon Ramsey's Food Stars". Dabei geht's nicht nur ums Kochen, sondern auch ums Unternehmertum - und als Gewinn winkt, dass Ramsey selbst sein Geld ins Unternehmen des Gewinners investiert. Während "The Masked Singer" weiter geht, gab es unterdessen noch keine Informationen, wie es um die Zukunft des Ablegers "The Masked Dancer" bestellt ist.
Der Pitch, den Fox gegenüber den Werbetreibenden machen wird, ist unterdessen schon klar: Man wird sich als einziges Unternehmen darstellen, das voll und ganz auf Werbevermarktung setzt - und zwar ganz gleich, ob es um das lineare Network oder um die Streaming-Ambitionen geht. Denn während man anderswo im Streaming ja auch an Abo-Gebühren der Kundinnen und Kunden ran will und zumindest werbereduzierte oder gar werbefreie Angebote macht, setzt Fox in Sachen Streaming mit Tubi auf einen kostenfreien, rein werbefinanzierten Dienst. "Die Werbetreibenden stehen seit der Gründung unseres Unternehmens im Mittelpunkt, und wir sind stolz darauf, dass auch dies ein Beweis dafür ist, wie Fox sich von anderen unterscheidet. Wie Sie während unserer Präsentation sehen werden, ist es einfach nicht unser Geschäftsmodell, Barrieren zwischen unseren besten Inhalten und unseren Markenpartnern aufzubauen", sagt Charlie Collier, CEO von Fox Entertainment.
Die neuen Drama-Serien
"Accused": Schon bei den Upfronts vor einem Jahr wurde angekündigt, dass diese Serie erst in der Season 22/23 zu sehen sein wird. Sie stammt von den Machern von "24", "Homeland", "The Good Doctor" und "House", Howard Gordon, Alex Gansa und David Shore. Jede Episode beginnt in einem Gerichtssaal mit dem Nageklagten, ohne dessen Verbrechen zu kennen oder zu wissen, wie er vor Gericht gelandet ist, wird das Drama aus dessen Sicht erzählt. Es geht darum, wie ein gewöhnlicher Mensch in eine außergewöhnliche Situation geraten ist und wie eine falsche Abzweigung zur nächsten führt, bis es zu spät ist, um umzukehren. Es handelt sich um eine Koproduktion von Sony Pictures und Fox Entertainment.
"Alert": Das neue Crime-Procedural handelt von der LAMPU - der Abteilung, die sich beim LAPD um die Vermisstenfälle kümmert. Im Mittelpunkt steht Nikki Parker, deren eigener Sohn vermisst wird und die in die Abteilung wechselte, um anderen Menschen in gleicher Lage zu helfen und auch, um in eigener Sache weiterermitteln zu können. Nach sechs Jahren wird ihre Welt auf den Kopf gestellt, als ihr Ex-Mann mit einem Foto des Jungen auftaucht, das diesen offenbar noch am Leben zeigt. Die Serie verbindet den "Fall der Woche" mit der durchgehenden Geschichte. Es handelt sich dabei um eine Koproduktion von Sony Pictures und Fox Entertainment. John Eisendrath ("The Blacklist") fungiert als Showrunner und ausführender Produzent.
"Monarch": Hier schließt Fox an die Tradition seiner Musikserien an. Beschrieben wird die Serie als generationsübergreifendes Musikdrama über Amerikas erste Familie der Country-Musik. Die Romans sind zwar äußerst talentiert, aber während ihr Name ein Synonym für Ehrlichkeit ist, basiert ihr Erfolg auf einer Lüge. Als ihre Vorherrschaft in Gefahr gerät, setzt Nicky Roman alles daran, das Erbe ihrer Familie zu bewahren, auch wenn die Industrie gegen sie kämpft. "Monarch" ist eine von ganz wenigen Serien, die Fox Entertainment alleine produziert.
Die neuen Comedy-Serien
"Grimsburg": Jon Hamm ("Mad Men") ist nicht nur Executive Producer, sondern leiht in der animierten Serie auch der Hauptfigur Marvin Flute seine Stimme. Flute wird als der "vielleicht größte Detektiv aller Zeiten" beschrieben, der schondie eigentümlichsten Fälle gelöst hat - doch an einem großen Mysterium scheitert: seiner Familie. Als er in die Stadt Grimsburg zurückkehrt, in der jeder Bewohner mehrere Geheimnisse zu haben scheint, versucht er, sich mit seiner E-Frau zu versöhnen, die er nie aufgehört hat zu lieben - selbst wenn das bedeutet, dass er mit dem Sohn zusammen sein wird, den er nie kennengelernt hat.
"Krapopolis": Die neue animierte Serie von "Rick and Morty"-Schöpfer Dan Harmon wurde ebenso wie "Accused" schon letztes Jahr vorgestellt, aber für die Saison 2022/23 angekündigt. Im Mittelpunkt steht eine Familie aus Menschen, Göttern und Monstern, die versucht, im antiken Griechenland eine der ersten Städte der Welt zu führen, ohne sich gegenseitig umzubringen. Richard Ayoade spielt Tyrannis, den wohlwollenden König von Krapopolis. Seine mutter ist die Göttin der Selbstzerstörung und fragwürdigen Entscheidungen, sein Vater ist ein Mantitaur - halb Zentaur (Pferd+Mensch), halb Mantikor (Löwe+Mensch+Skorpion) und gleichzeitig sexbesessen und unterbeschäftigt. Tyrannis hat außerdem noch eine Halbschwester, deren Vater ein Zyklop ist, und einen Halbbruder,dessen Mutter eine Meerjungfrau ist. Nicht nur das biologische Chaos ist also perfekt.