221,64 Millionen zahlende Abonnentinnen und Abonnenten hatte Netflix zum Stichtag 31. März 2022. Zu Jahresbeginn hatte das Unternehmen noch 221,84 Millionen ausgewiesen. Für ein Unternehmen, das mit seinen enorm hohen Investitionen so sehr auf Wachstum ausgerichtet ist wie Netflix ist das bemerkenswert - zumal es der erste derartige Rückgang auf Quartalsbasis in den vergangenen zehn Jahren war.
Netflix erklärt das unter anderem mit der Entscheidung, sich infolge des Angriffskrieges gegen die Ukraine aus Russland zurückzuziehen. Da Netflix dort ohnehin keine große Kundenbasis hatte, halten sich die Auswirkungen zwar in Grenzen, unterm Strich gingen so aber etwa 700.000 Abos verloren. Ohne diesen Russland-Effekt hätte Netflix also ein Abo-Wachstum um 500.000 verzeichnen können - doch auch damit wäre die eigene Prognose um zwei Millionen unterschritten worden. Tatsächlich verzeichnete Netflix nicht nur in der EMEA-Region (zu der auch Russland gehört) einen Abo-Rückgang, sondern auch in Lateinamerika und im Heimatmarkt USA/Kanada.
Die Probleme sind also tiefgreifender - und nicht so einfach zu lösen. Im Brief an die Aktionäre führt Netflix etwa an, dass bereits eine recht hohe Zahl an Haushalten Zugang zu Netflix habe, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass Netflix-Account häufig - und entgegen der Nutzungsbedingungen über Haushaltsgrenzen hinweg - geteilt werden. Das erklärt auch, wieso Netflix jüngst damit experimentiert, für dieses Account-Sharing zusätzlich Geld zu verlangen.
Als weiteren Grund führt man - neben jüngst durchgeführten Preiserhöhungen - auch die sich verschärfende Konkurrenz an. Dass immer mehr Streamingdienste ums Zeit- und Geldbudget des Publikums konkurrieren, dürfte sich nicht so schnell ändern - auch wenn perspektivisch wohl mit einer Bereinigung zu rechnen ist. Einstweilen will Netflix dem daher mit noch stärkeren Anstrengungen begegnen, die eigenen Inhalte und die eigene Technik zu verbessern. Man sollte allerdings annehmen, dass das auch in den letzten Monaten schon der Plan war, ohne dass er die Verlangsamung des Wachstums verhindern konnte. Mehr Impulse erhofft sich Netflix künftig daher auch von einem eigenen Gaming-Angebot, das langsam hochgefahren wird.
Kurzfristig erwartet man aber auch bei Netflix nicht, dass man den Trend wieder drehen kann. Für das zweite Quartal etwa prognostiziert man nun einen weiteren Rückgang der Abo-Zahlen um etwa zwei Millionen - was die Aktie nachbörslich auf Tauchkurs schickte, zwischenzeitlich betrug das Minus fast 25 Prozent. Da half es auch nichts, dass der Umsatz im ersten Quartal mit 7,9 Milliarden Dollar fast zehn Prozent über dem Vorjahreswert lag. Der Nettogewinn sank leicht auf 1,6 Milliarden Dollar, der Free Cash Flow (also das Geld, das wirklich abzüglich der Ausgaben hereinkam) war mit 802 Millionen Dollar zudem erstmals seit Q1/2021 wieder positiv.
Der schlechte Netflix-Ausblick ist eine weitere Nachricht, die derzeit die Stimmung auf dem lange so euphorisch bejubelten Streaming-Markt dämpft. Erst gestern veröffentlichte Kantar Zahlen, nachdem etwa in Großbritannien die Zahl der Streaming-Abos im ersten Quartal generell gefallen sei - und begründet das damit, dass in Zeiten hoher Inflation viele nochmal genau nachrechnen, wo sie einsparen können. Auf Streaming ganz verzichten dabei nur wenige, allerdings stellt sich die Frage, wie viele Abos man sich leisten kann. Auch vor diesem Hintergrund ist die Ankündigung von Disney zu sehen, bald auch ein günstigeres, teils durch Werbung finanziertes Abo anzubieten. Netflix hat nun ebensolche Pläne in Aussicht gestellt.