Das russische Justizministerum hat den deutschen Auslandssender Deutsche Welle als "ausländischen Agenten" eingestuft. Ein entsprechendes Verfahren war am 3. Februar eingeleitet worden, als die russischen Behörden auch ein Sendeverbot erteilt hatten. Auf der Webiste des Ministerums heißt es, dass die Entscheidung "auf der Grundlage von Dokumenten, die autorisierten staatlichen Behörden" vorlägen, getroffen worden sei - worum es sich dabei handelt, wurde aber nicht genannt.

Die DW befindet sich auf der Liste der "ausländischen Agenten" in bester Gesellschaft, mehr als 100 Personen und Medienorganisationen sind dort aufgelistet, darunter auch die staatlich finanzierten US-Auslandssender Voice of America und Radio Free Europe/Radio Liberty, das russischsprachige Nachrichtenportal Meduza mit Sitz in der lettischen Hauptstadt Riga sowie der russische unabhängige Sender Doschd. Wer als "ausländischer Agent" gilt, muss in allen Veröffentlichungen auf diesen Status hinweisen, Berichte über Aktivitäten und Finanzübersichten halbjährlich einreichen und sich jährlichen Prüfungen unterziehen.

DW-Intendant Peter Limbourg: "Diese erneute Willkür-Entscheidung der russischen Behörden war leider zu erwarten. Ein weiterer Schritt, die Pressefreiheit anzugreifen und ein neuer Versuch, die russische Bevölkerung von freien Informationen abzuschneiden. Begonnen hat es mit der erzwungenen Schließung unseres Studios in Moskau Anfang Februar, danach kam die Blockade unserer Internetseiten in Russland in allen Sendesprachen, die sukzessive Sperrung der Sozialen Medien und nun die Einstufung der DW als ,ausländischer Agent‘. Das alles hält uns aber nicht davon ab, weiterhin unabhängig und umfassend aus unserem neuen Studio in Lettland und aus Deutschland über Russland und die Region zu berichten. Und wir werden in Zukunft noch viel mehr Aufwand in Zensur- und Blockadeumgehung stecken müssen. Dazu gehören jetzt bereits VPN-Clients wie Psiphon oder der Tor-Browser."

Seit dem Wochenende sollen die Inhalte der DW-Website zudem dank Spiegelung auf Content Delivery Networks auch wieder aus Russland heraus abrufbar sein, so "Reporter ohne Grenzen". Christian Trippe, DW Director of Russia, Ukraine and Eastern Europe: "Die russische Regierung hat der DW offenbar den Informationskrieg erklärt, wie sie es Anfang Februar im Rahmen der Vergeltungsmaßnahmen als Reaktion auf das Verbot des Senders RT DE angekündigt hatte. Wir Journalistinnen und Journalisten machen unsere Arbeit weiter und liefern verlässliche Informationen für unser Zielpublikum in Russland."

Für Menschen in Russland wird es unterdessen zunehmend schwieriger, an Informationen abseits der vom russischen Staat gelenkten Medien zu kommen. Am Montag hat die Kreml-kritische unabhängige Zeitung "Nowaja Gaseta" angekündigt, bis zum Ende des Krieges - bzw. der "militärischen Sonderoperation auf dem Territorium der Ukraine", wie man in Russland lediglich schreiben darf - einzustellen. Zuvor hatte es eine zweite Verwarnung durch die russische Medienaufsicht Roskomnadzor gegeben. Als Grund gab man an, dass ein "ausländischer Agent" zitiert worden sei, ohne dass dies kenntlich gemacht worden sei.