Nach zehn Jahren als Intendant an der Spitze des ZDF endet Thomas Belluts Amtszeit Anfang kommender Woche, am Donnerstag wurde er in Mainz nun mit einem Festakt verabschiedet. Und gäbe es keinen Krieg in Europa, dann wäre es wohl eine vor allem heitere Veranstaltung geworden - denn dass das Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld aus dem "ZDF Magazin Royale" für die musikalische Umrahmung sorgte und "heute-show"-Moderator Oliver Welke als einziges On-Air-Gesicht zu den Rednern gehörte, kam ja nicht von ungefähr.
Malu Dreyer, neben ihrem Posten als rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin auch ZDF-Verwaltungsrats-Vorsitzende, erinnerte daran, dass es Thomas Bellut war, der noch als Programmdirektor einst festgestellt hat, dass das ZDF-Programm zu "traurig" sei und mehr Humor benötige. Oliver Welke bezeichnete Bellut als "Vater der Satireschiene im Zweiten". Er habe sich "Neues aus der Anstalt" getraut und dadurch "eine Satire-Kettrenreaktion in Gang gesetzt". Malu Dreyer sprach von Bellut als "Ermöglicher" dieser Programmfarbe, mit der das ZDF ja nun seit Jahren riesige Erfolge einfährt.
Doch gerade ist eben Krieg - und dieses Thema sollte dann auch die Bellut-Verabschiedung prägen. "Es ist wichtig, dass wir über Medien sprechen, dass wir dankbar sind, dass wir in einer freien Welt leben", begründete Malu Dreyer, wieso man in diesen Zeiten auf einen solchen Festakt nicht verzichtet habe. Und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betonte im Anschluss, dass er "nicht trotz, sondern wegen der bedrückenden Lage" gerne zu diesem Anlass spreche.
Steinmeier nutzte seine Rede für ein Plädoyer für die Bedeutung der Pressefreiheit. Denn was passiere, wenn diese fehlt, könne man derzeit in Russland sehen. Dass der Kreml in Russland nun alle noch übrig gebliebenen freien Medien verstummen ließ und mit neuen Mediengesetzen und der Androhung von 15 Jahren Haft auch dafür sorgte, dass fast alle ausländischen Medien ihre Korrespondentinnen und Korrespondenten abziehen mussten, bezeichnete Steinmeier als "ganz tiefen Einschnitt". Auch während des Kalten Krieges und bei allen vorherigen Krisen und Konflikten sei der Informationsfluss nie zum Versiegen gekommen – bis heute.
"Wer das Licht der Information aussperren muss, der braucht offenbar Finsternis für das, was er tut", sagte Steinmeier in Richtung von Putin und lobte die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten, die unter Lebensgefahr noch im Kriegsgebiet ausharren und auch all jener, die teils nur noch mit ihren Handys informieren. "Ihr Smartphone ist heute Davids Steinschleuder gegen Goliaths Zensurmaschine". Und weiter: "Journalismus ist oft lebensgefährlich, aber für uns auch lebenswichtig."
Weil Pressefreiheit wie ein "Gegengift zum totalitären Wahn, die Hoheit über die Gedanken der Menschen zu erlangen" wirke und Demokratien nicht ohne, Diktaturen hingegen nicht dauerhaft mit ihr überleben könnten, sei es die Aufgabe aller, die Pressefreiheit und die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten zu schützen – und Bedrohungen dieser muss man ja nicht in Russland suchen, die zunehmenden verbalen und auch tätlichen Angriffe auf Berichterstattende hierzulande reicht ja schon. Steinmeier forderte, rote Linien zu ziehen und sie mit aller Härte des Rechtsstaates zu verteidigen. Und das deutsche Staatsoberhaupt schickte auch schöne Grüße an die britische Regierung, die zuletzt die Zukunft der BBC in Frage stellte, indem sie an der Finanzierungs-Grundlage sägt: "Es besorgt mich, wenn ich sehe, wie der BBC der Wind aus der Politik ins Gesicht weht", so Steinmeier – denn es brauche hier wie dort Räume für einen demokratischen, öffentlichen Diskurs.
ZDF-Intendant Bellut würdigte Steinmeier für seinen Kampf für die internationale Pressefreiheit, dem sich dieser verschrieben habe. Und da schließt sich dann ja auch doch wieder der Kreis mit dem Polit-Kabarett - denn gerade auch das gehört zu einer freien Gesellschaft eben dazu. Bellut hatte es nicht nur zurück ins ZDF geholt, sondern den Macherinnen und Machern auch stets den Rücken freigehalten, wurde dem ZDF-Chef allenthalben attestiert.
Oliver Welke konnte sich nur an eine einzige persönliche Intervention von Bellut erinnern - nämlich als sich Martin Sonneborn für Interviews nur als "heute" statt "heute-show" akkreditiert hatte. Thomas Bellut selbst sprach in seiner Abschiedsrede mit Blick auf die Satire von einem "wunderbaren Zeichen gesellschaftlicher Freiheit" und sagte: "Man muss mehr Frechheiten zulassen". Sein Nachfolger (und als jetziger Programmdirektor ja auch bislang schon alles andere als Unbeteiligter) Norbert Himmler, der in seiner Rede von vielen Ratschlägen Belluts zu berichten wusste, wäre wohl gut beraten, insbesondere auch diesen Ratschlag zu beherzigen.