Nachdem das die Fernsehmesse in Cannes begleitende Serienfestival im vergangenen Jahr corona-bedingt in den Herbst verschoben worden war, steht Canneseries in diesem Jahr wieder im Frühjahr auf dem Programm. Schon im vergangenen Jahr konnte RTL+ mit der Serie "Ferdinand von Schirach - Glauben" dort gleich zwei Preise abräumen. Und auch diesmal ist RTL+ wieder im Wettbewerb vertreten - und zwar erneut mit einer Serie nach einem Bestseller von Ferdinand von Schirach.
Diesmal geht es um "Strafe". Während die Kurzgeschichten aus den Vorläufer-Bänden "Verbrechen" und "Schuld" noch fürs ZDF in Serien-Form adaptiert wurden, läuft die von der Constantin-Tochter Moovie produzierte Anthologie-Miniserie nun also beim Streaming-Dienst von RTL. Das Besondere an der Umsetzung diesmal: Jede der sechs Folgen, die jeweils eine in sich geschlossene Geschichte erzählen, wurde von einer anderen namhaften Regie-Größe inszeniert. Dabei haben die Regisseurinnen und Regisseure von Schirachs Kurzgeschichten auch selbst, teilweise in Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren wie Bernd Lange, Brix Vinzent Koethe und Esther Preuß, zu Drehbüchern adaptiert.
Helene Hegemann setzte die Geschichte "Subotnik" um. Darin geht's um eine junge Anwältin, die ausgerechnet einem Menschenhändler zu einem verhängnisvollen Freispruch verhilft. Mia Spengler inszenierte "Die Schöffin", in der eine ebensolche von einer Aussage zu Tränen gerührt wird, woraufhin der Prozess platzt. Oliver Hirschbiegel widmet in der Folge "Der Taucher" einem ungewöhnlichen Fetisch in der tief religiösen bayerischen Provinz. Patrick Vollrath ist Regisseur der Folge "Das Seehaus" über einen mit einem äußerlichen Makel behafteten Außenseiter, der sein Refugium mit brutalen Maßnahmen verteidigt. Hüseyin Tabak inszeniert "Der Dorn". Darin gerät ein Museumswächter in den Bann einer antiken Marmorstatue und droht, den Verstand zu verlieren. Und schließlich führt David Wnendt Regie bei "Ein hellblauer Tag". Darin wird die Geschichte einer Frau erzählt, die wegen vorsätzlicher Kindstötung jahrelang im Gefängnis sitzt und am Tag ihrer Entlassung tatsächlich zur Mörderin wird. Im Wettbewerb in Cannes sind die beiden Folgen "Der Dorn" und "Der Taucher".
Und es gibt daneben noch einen zweiten Wettbewerbsbeitrag aus Deutschland: Die Serie "Souls", die Geißendörfer Pictures für Sky umsetzt. Es geht darin um den 14-jährigen Jacob, der nach einem Autounfall behauptet, er könnte sich an sein früheres Leben erinnern. Dort sei er Pilot eines Flugzeugs gewesen, das bis heute als verschollen gilt. Das sorgt bei vielen Menschen in der Stadt für Unmut, weil einige von ihnen Menschen kennen oder mit ihnen verwandt sind, die in der verschwundenen Maschine saßen. Es stellt sich die Frage: Lügt Jacob oder kann unsere Seele tatsächlich wandern? Beschrieben wird "Souls" als "emotionale Mysteryserie", sie wurde auch im Rahmen der Reihe "Work in Progress" beim Seriencamp vorgestellt.
Weitere Serien im Wettbewerb sind die belgische Serie "1985", die von der Killerbande von Brabant handelt und einer Zeit, in der die Belgier das Vertrauen in Polizei und Politik verloren. Die norwegische Serie "Afterglow" wurde als "This is us" meets "The Big C" beschrieben. Aus Kanada kommt "Audrey's Back". Eine dysfunktionale Familie wird darin mit dem Tod ihrer Tochter konfrontiert - und damit, dass sie plötzlich wieder da ist. Mit "Bang Bang Baby" ist auch das erste italienische Amazon-Original im Rennen, das im Mailand der 80er spielt. Eine dänisch-belgisch-südafrikanische Koproduktion ist "The Dreamer - Becoming Karen Blixen". Blixen kehrt in den 1930ern aus Südafrika nach Dänemark zurück und versucht, sich dort als Schriftstellerin zu etablieren. Spanien ist mit der Serie "El Inmortal" vertreten. Es geht darin um Aufstieg und Fall einer Bande, die in den 90ern den Drogenhandel in Madrid beherrschte. Aus Frankreich stammt die Serie "The Inside Game - Seeds of Wrath". Es geht darin um die Machenschaften der Agrochemie-Lobby. Und schließlich ist auch die israelische Serie "The Lesson" im Wettbewerb. Die Tirade eines Lehreres gegen einen rechtsgerichteten Schüler eskaliert darin in den sozialen Medien und stößt eine nationale Debatte an.
Die fünfte Ausgabe des Canneseries-Festivals findet begleitend zur MIPTV in diesem Jahr vom 1. bis zum 6. April statt.