Nach dem anfänglich starken Corona-Einbruch war schon 2020 für die TV-Branche glimpflicher verlaufen als zunächst befürchtet, der Umsatz von ProSiebenSat.1 war dank eines starken Endspurts nur leicht gefallen. 2021 hatte sich dann zwar zunächst etwas schleppend angelassen, doch aufs gesamte Jahr liefen die Geschäfte dann besser denn je: Der Umsatz zog um elf Prozent auf 4,49 Milliarden Euro an, bereinigt um Währungs- und Portfolio-Effekte betrug das organische Wachstum noch immer starke zehn Prozent. Das Adjusted EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) erhöhte sich um 19 Prozent auf 840 Millionen Euro, unterm Strich blieben mit 362 Millionen Euro (Adjusted Net Income) sogar 64 Prozent mehr übrig als ein Jahr zuvor.
Das Wachstum kam dabei vor allem aus dem ursprünglichen Kerngeschäft des Senders: Dem Entertainment-Bereich. Die Werbeeinnahmen sprudelten nämlich wieder erheblich stärker als man das im Vorfeld noch erwartet hatte: Sie zogen um elf Prozent an und lagen somit zwei Prozent über denen des Vor-Corona-Jahres 2019. Sogar um 25 Prozent legten die Umsätze aus Programmproduktion und -verkauf zu, durch Distribution wurden sechs Prozent mehr eingenommen. Alles in allem wuchs der Umsatz des Entertainment-Segmentes, das etwa zwei Drittel des Konzernumsatzes beisteuerte, um zwölf Prozent.
Im Segment Dating & Video wurden sogar 63 Prozent mehr umgesetzt als ein Jahr zuvor, insgesamt 542 Millionen Euro. Zurückzuführen ist das allerdings maßgeblich auf die Übernahme der The Meet Group im Herbst 2020. Organisch lag der Umsatz in etwa auf Vorjahresniveau, als die ParshipMeet Group von den Beschränkungen des öffentlichen Lebens infolge der Pandemie profitierte und daher überdurchschnittlich zugelegt hatte. Der Außenumsatz im Segment Commerce & Ventures sank von 945 auf 854 Millionen Euro. Auch das lässt sich aber rein durch einen Portfolio-Effekt erklären, nämlich den Verkauf des OTC-Anbieters WindStar Medical. Organisch ist der Segment-Umsatz hingegen leicht um drei Prozent gewachsen. Während Flaconi, Billiger Mietwagen und SevenVentures mit ihrem Media-for-Equity- und Media-for-Revenue-Geschäft die Umsätze steigerten, setzten sowohl Verivox als auch Jochen Schweizer mydays weniger um.
Die Netto-Finanzverschuldung des Konzerns konnte im vergangenen Jahr um 117 Millionen auf 1,85 Milliarden Euro gesenkt werden. Der Verschuldungsgrad sank dadurch von 2,8x auf den Faktor 2,2x und lag damit - früher als ewartet - wieder im vom Konzern ausgegebenen Zielkorridor von 1,5x bis 2,5x. Gute Nachrichten gibt's auch für Aktionäre, die nun eine höhere Dividende erwarten dürfen. Basis ist hier jeweils die Hälfte des bereinigten Konzernüberschusses, was zu einer Dividende von 80 Cent je Aktie führt, im Vorjahr waren es nur 49 Cent. Diesen Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat muss die Hauptversammlung aber natürlich erst noch absegnen.
Der Vorstandsvorsitzende Rainer Beaujean zeigte sich entsprechend zufrieden: "Trotz der andauernden COVID-19-Pandemie war 2021 ein Rekordjahr für ProSiebenSat.1 und wir konnten erneut den Erfolg und die Resilienz unseres Geschäftsmodells unter Beweis stellen: Im Jahresverlauf haben wir dreimal unsere Prognose erhöht und schließlich alle Finanzziele vollumfänglich erreicht." Die "robuste Aufstellung in drei starken Segmenten" habe sich dabei erneut ausgezahlt. "Diese Erfolgsgeschichte wollen wir 2022 fortschreiben: Wir konzentrieren uns voll darauf, durch die Zusammenarbeit zwischen unseren Geschäftsbereichen noch mehr Wert zu schaffen. Dafür ist unsere Reichweite die starke Grundlage. Wir produzieren – übrigens immer mehr selbst – lokale, relevante Inhalte und spielen sie live und on-demand über alle Plattformen aus. Dabei ist die Streaming-Plattform Joyn der zentrale Baustein unseres Digital-Angebots. Mit diesem Digital-Fokus stärken wir unsere Gesamtreichweite und unsere Möglichkeiten, diese rentabel und mit innovativen Werbetechnologien zu vermarkten. Unser Ziel ist es, einer der führenden digitalen Info- und Entertainment-Anbieter im deutschsprachigen Raum zu sein und mit unserer Reichweite weltweite, synergetische digitale Verbraucherplattformen aufzubauen und weiterzuentwickeln. Diese können dann sogar eine eigene Wachstumssäule unserer Gruppe werden, wie zuletzt die ParshipMeet Group. Auf Basis dieser Strategie haben wir uns die Ambition gesetzt, mittel- bis langfristig ein profitables, organisches Umsatzwachstum von durchschnittlich 4 bis 5 Prozent pro Jahr zu erwirtschaften."
Konkret erwartet ProSiebenSat.1 für das laufende Jahr ohne weitere Portfolio-Veränderungen ein leichtes Umsatzwachstum auf 4,6 Milliarden Euro - wobei man aufgrund der Unsicherheiten durch Corona eine Bandbreite von plus/minus 100 Millionen angibt. Noch gar nicht berücksichtigt sind in der Prognose Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Abhängig ist das Erreichen des Ziels vor allem von der Entwicklung der Werbeerlöse in der DACH-Region. Beim Adjusted EBITDA erwartet man ebenfalls ein leichtes Wachstum auf 840 Millionen Euro (+/- 25 Mio.). ProSiebenSat.1 will dabei genauso viel ins Programm investieren wie im Jahr zuvor als die Entertainment-Programmkosten bei 1,054 Milliarden Euro lagen. Der Hauptteil entfalle dabei auf lokale Inhalte, abhängig von der Entwicklung des Werbemarktes besteht hier ein Spielraum von 50 Millionen Euro nach oben und unten.