Als RTL vor knapp zwei Wochen eine "Stern TV"-Ausgabe in Eigenregie auf die Beine stellte, schrillten bei der Produktionsfirma i&u TV, die seit Jahrzehnten mit viel Herzblut die erfolgreichen Ausgaben des Magazins am Mittwochabend herstellt, einige Alarmglocken. Hastig wurde der neun Monate lang brachliegende Twitter-Account von "Stern TV" reaktiviert, um eine Art Distanzierung von dem Gesendeten zu dokumentieren. Von einem "Krieg der Sterne" war später gar zu lesen, was zwar ein schönes Wortspiel, letztlich aber wohl doch ein wenig zu hoch gegriffen war - zumal sich die Verantwortlichen der Leonine-Tochter inzwischen sicher sein können, auch weiterhin als Produzenten an Bord bleiben zu können.
Die Wogen haben sich jedenfalls seither offenbar etwas geglättet, so zumindest der Eindruck, den der Sender zu vermitteln versucht. "Es gibt ganz positive, harmonische Stern-Zeichen", sagt Stephan Schmitter, Geschäftsführer von RTL News, im Gespräch mit DWDL.de. "i&u soll auch in den kommenden Jahren 'Stern TV' am Mittwoch sowie weitere Spezial-Ausgaben für uns produzieren. Die Verhandlungen dazu sind auf der Zielgerade." Klar ist aber auch: Die Marke soll weiter ausgebaut werden, womöglich mit dauerhaften Sendungen am Sonntag, so wie sie auch für diese Woche wieder testweise geplant ist. "Es ist noch nicht klar, ob wir wirklich eine weitere Ausgabe von 'Stern TV' regelmäßig sonntags ausstrahlen werden, oder ob wir vielleicht noch eine andere Idee aus dem Hut zaubern", so Schmitter. In den nächsten Wochen soll das "in Ruhe entschieden" werden.
Wenn sie denn kommt, müsse sich eine weitere "Stern TV"-Sendung aber deutlich von der Mittwochssendung unterscheiden, findet Schmitter, der sich mit Blick auf die viel diskutierte Ausgabe mit Frauke Ludowig und Nikolaus Blome vor zwei Wochen selbstkritisch zeigt, sich bisweilen aber auch ungerecht behandelt fühlt. "Es war ein erster gelungener Test, bei dem noch nicht alles optimal lief. So wollten wir zum Beispiel, getrieben von ganz viel kreativer Energie, zu viele Themen und Gäste unterbringen", lautet sein Fazit. "Aber was wir nach unserer ersten 'Stern TV'-Sendung in dieser Konstellation an Kritik lesen mussten, war sicher nicht differenziert genug."
Kritik gab es etwa an der Befragung eines sogenannten "Querdenkers" auf dem kurzerhand reaktivierten "heißen Stuhl", dessen Temperatur Blome nach Schmitters Einschätzung "noch etwas höher" hätte drehen können. Doch den von vielen Beobachtern vermissten "Faktencheck" habe es durchaus gegeben, "in Echtzeit auf unseren Social Media Kanälen und digitalen Plattformen", wie der News-Chef betont. "Unser Versäumnis war, dass wir den entsprechenden Hinweis nicht im TV eingeblendet und explizit darauf hingewiesen haben. Wir lernen daraus und werden unsere Faktenchecker am Sonntag noch präsenter einbinden."
"Gala" und neue Zeiten am Nachmittag
Dass "Stern TV" verstärkt Raum im RTL-Programm einnehmen soll, hängt mit der Übernahme des Hamburger Verlags durch RTL. Vor diesem Hintergrund ist die gerade angekündigte Kochshow "Chefkoch TV" zu sehen, aber auch das Vorhaben, das People-Magazin "Gala" ins Fernsehen zu bringen. Dafür wird aktuell sogar eine eigene Redaktion aufgebaut. Doch nicht wenige fragen sich, wieso RTL ein "Gala"-Magazin braucht, wo es doch schon seit Jahrzehnten "Exclusiv" gibt. "Beide Magazine werden klar differenzierbar sein", verspricht Stephan Schmitter. Damit nichts schiefgeht, fungiert Kreativ-Direktorin Frauke Ludowig als verbindender Kopf zwischen beiden Welten.
Schmitter: "'Exclusiv' wird sich weiter um die tagesaktuelle Prominenz und VIP-Themen kümmern, 'Gala' ist dagegen ein Magazin zum Träumen, mit starker royaler Ausrichtung oder auch bildstarken Geschichten an ganz besonderen Promiorten. Durch die wöchentliche Ausstrahlung können wir hier deutlich ausführlicher erzählen." Wo genau die neue Sendung laufen wird, ist noch nicht entschieden. Denkbar erscheint etwa der Sonntag, der sich aus Quotensicht zuletzt zum Sorgenkind entwickelt hat. "Es gibt aus heutiger Sicht viele Möglichkeiten, 'Gala' sinnvoll und quotenstark in das RTL-Sendeschema einzubinden", sagt Schmitter zu DWDL.de. "Mal schauen, wohin uns die Entwicklung der Sendung in den nächsten Wochen führt."
Schon deutlich früher, nämlich ab der kommenden Woche, wird RTL einen neuerlichen Umbau im Nachmittagsprogramm vornehmen und die erst vor wenigen Monaten gestartete "RTL aktuell"-Ausgabe von 16:45 Uhr auf 17:00 Uhr verlegen (DWDL.de berichtete) - auch, weil die Anfangszeit einige Probleme mit sich brachte. "Der klare Umschaltzeitpunkt ist 17 Uhr", so Schmitters Bilanz, dessen Plan es nun ist, "eine knackige halbe Stunde Programm" mit der ersten Ausgabe von 'RTL aktuell' und 'Explosiv Stories'" zu machen. Ein weiteres Dilemma der bisherigen Programmierung: Es sei "unglaublich schwer, gute erzählstarke Formate zu finden, die mit 45 Minuten Sendezeit auskommen". Mit dieser Länge hatte bislang der wenig erfolgreiche Daytime-Neustart "Echt jetzt?!" zu kämpfen. Daher besinnt sich RTL am Nachmittag nun also wieder auf klare Startzeiten zur vollen Stunde.
"Der Dschungel ist für uns RTLer sowas wie eine zweiwöchige Fußball-Weltmeisterschaft."
Stephan Schmitter
Solche ließ "RTL Direkt" jüngst wegen des Dschungelcamps zwar vermissen, doch die Sandwich-Programmierung verhalf dem abendlichen Nachrichtenmagazin zuletzt zu einem Quoten-Aufschwung. Eine Verschiebung von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" zugunsten von "RTL Direkt" war jedenfalls kein Thema. "Es gibt die über Jahrzehnte gelernte Dschungel-Zeit, an der wir nicht rütteln wollten, und so bespielt 'RTL Direkt' jetzt eben die 'Halbzeitpause', erklärt Stephan Schmitter. "Denn der Dschungel ist für uns RTLer sowas wie eine zweiwöchige Fußball-Weltmeisterschaft." Marktanteile von teils mehr als 30 Prozent geben ihm recht.
Neues Nachrichtenstudio kommt wohl im April
Eine Großbaustelle aber bleibt auf absehbare Zeit bestehen, die Frühschiene, in der RTL über die letzten Jahre hinweg weit hinter Sat.1 zurückgefallen ist. "'Guten Morgen Deutschland' ist leider im Moment nicht da, wo es sein sollte und aus unserer Sicht hingehört", räumt Stephan Schmitter im Gespräch mit DWDL.de ein und gibt die Marschrichtung vor. Es gehe jetzt darum, einen "nachhaltigen zweistelligen Marktanteil zu erzielen". Doch das ist vermutlich leichter gesagt als getan, schließlich wurden zuletzt im Schnitt meist nicht mal neun Prozent in der werberelevanten Zielgruppe gemessen. Dabei mangelt es keinswegs am Mut zur Veränderung: Seit einigen Wochen wirkt die Sendung nachrichtlicher, weil sie nicht mehr auf dem gemütlichen Sofa beginnt, sondern am polierten News-Tisch.
Das alleine wird auf Dauer aber kaum reichen, um das Ruder am Morgen herumzureißen, weiß auch Stephan Schmitter. "Die Sendung braucht eine andere Anmutung, einen anderen Rhythmus und muss sich von der Konkurrenz abheben. Daran arbeiten wir intensiv hinter den Kulissen. Viele geplante Veränderungen lassen sich jedoch im momentanen Studio nur sehr schwer oder überhaupt nicht umsetzen." Das befindet sich unterhalb der Kantine und bietet nicht allzu viele Möglichkeiten - anders als das neue, reale Nachrichtenstudio, an dem RTL seit vielen Monaten baut. Voraussichtlich im April soll es den Betrieb aufnehmen und "Guten Morgen Deutschland" dann "noch einmal den ganz großen Schub geben", wie Schmitter hofft.
Daneben wird es wohl auch mit Blick auf das Personal vor der Kamera noch einmal Veränderungen geben. "Morgensendungen brauchen verlässliche Gesichter, mit denen sich das Publikum jeden Tag identifizieren kann", weiß Stephan Schmitter, der einst selbst als Morningshow-Moderator im Radio tätig war. "Aktuell haben wir jedoch schlicht zu viele wechselnde Moderatorinnen und Moderatoren in verschiedenen Teams vor der Kamera. Von denen haben zwar alle ihre eigenen Stärken, aber diese gilt es, in Zukunft noch besser herauszuarbeiten beziehungsweise sie bestmöglich in festen Teams zu kombinieren." Viel zu tun also für das Team von RTL News - von früh bis spät, nicht nur im übertragenen Sinne.