So eindeutig wie selten zuvor in der Geschichte des Negativpreises haben mehrere tausend Leserinnen und Leser von Deutschlands meistgelesenem Medienmagazin in der vergangenen Woche aus elf Nominierungen der DWDL.de-Redaktion die mediale Peinlichkeit des Jahres 2021 gewählt: 33,9 Prozent der abgegebenen Stimmen machen Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE und Präsident des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger) zum Gewinner des Super-Günter.

Verdient hat sich Döpfner diese Ehre mit dokumentierten Textnachrichten - die letztlich über die "New York Times" das Licht der Welt erblickten - in denen er sich mit AfD-Rhetorik während der Corona-Pandemie in einem neuen DDR-Obrigkeitsstaat wähnte und die freie Presse in Deutschland als "Propaganda-Assistenten" denunziert. Ein Tiefschlag für Journalistinnen und Journalisten, aber das kümmert die gesamte deutsche Verlagswelt wenig. Döpfner will im Nachhinein alles gar nicht so gemeint haben, ruderte zurück und beschwichtigte seine BZDV-Kolleginnen und -Kollegen.

Und Döpfner scheint Glück zu haben: Wenn Anspruch und Anstand für eine Branche optional sind, kommt man wohl mit allem durch. Dass die in den Textnachrichten aufgeblitzte Haltung aber nicht nur ein Ausrutscher war sondern lange so etwas wie eine Inspiration für die aggressive Redaktionslinie von "Bild" in der Corona-Pandemie war, macht es nicht besser. Befördert wurde ein Klima des Hasses auf Wissenschaft bzw. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie auch Politikerinnen und Politiker. 

Wall of Shame © DWDL.de Die Wall of Shame des Super-Günter - zu lang für ein Foto

Mathias Döpfner setzte sich bei der Wahl zur Peinlichkeit des Medienjahres 2021 übrigens sehr deutlich durch: Auf Platz mit nur 15,3 Prozent der abgegebenen Stimmen folgt die Kampagne #allesdichtmachen und das Versagen des WDR in der Flut-Nacht im Juli holte 13,2 Prozent der Stimmen der teilnehmenden DWDL.de-Leserinnen und Leser. Die Top5 vervollständigen der mutlose Verleger Dirk Ippen (8,5 Prozent) und "DSDS" mit einem dilettantisch herausretuschiertem Wendler (7,8 Prozent). Wer sonst noch zur Wahl stand, lesen Sie hier.

Bereits seit 2008 ehrt das Medienmagazin DWDL.de jährlich Personen, Unternehmen und Leistungen, die rückblickend „ziemlich ui-jui-jui“ waren. Mit diesen Worten hatte der ehemalige ARD-Programmdirektor Günter Struve einst eine Sendung von „Schmidt & Pocher“ kritisiert. In Anerkennung dieser charmanten Kritik bestimmt die DWDL.de-Redaktion jährlich zunächst die Gewinner des Goldenen Günter. Dann wählen die Leserinnen und Leser eine Woche lang den Super-Günter, die ultimative Peinlichkeit des Jahres. Im Vorjahr gewann übrigens schon die RTL-Sendung "Deutschland sucht den Superstar" als fragwürdige Bühne für Dieter Bohlen sowie Corona-Leugner und Intelligenzallergiker wie Xavier Naidoo und Michael Wendler.

2019, dem letzten Jahr vor der Pandemie, war "Mario Barth deckt auf" die Peinlichkeit des Jahres, 2018 der Deutsche Fernsehpreis und das Vergessen der Autorinnen und Autoren. 2017 gewann die Goldene Kamera, 2016 schon einmal Mario Barth, 2015 die kurzzeitige ESC-Nominierung von Xavier Naidoo, 2014 die ProSieben-Show „Die Millionärswahl“, 2013 der RTL-Katastrophenfilm „Helden“ und 2012 Sat.1 für seine insgesamt schlechte Performance. 2011 wählten die Leserinnen und Leser des Medienmagazins DWDL.de  den Integrationsbambi für Bushido zur Peinlichkeit des Jahres. 2010 war es die „Oliver Pocher Show“, 2009 das Polittheater um die Wiederwahl von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender und 2008 wurde die ProSieben-Show „Uri Geller: UFOs & Aliens“ mit dem allerersten Super-Günter geehrt.